Wenn ich an Sterne denke, kommt mir ein Sommerabend vor dem Zelt in den Sinn, bei dem ein Stern nach dem anderen aufleuchtet, bis der Himmel übersät ist von Sternen, soweit das Auge reicht. Bei einem solchen Anblick haben mir meine Eltern das Universum erklärt. Ich erinnere mich, dass sich angesichts der Weite eine kindliche Ahnung vom Unendlichen einstellte und ich in mir das Bedürfnis nach Orientierung fühlte – denn das Himmelszelt schien grenzenlos gegenüber der Begrenztheit des menschlichen Lebens.
Viele Kinder kommen heute aber auf andere Weise mit Sternen in Kontakt, zum Beispiel über Bilderbücher wie „Lauras Stern“. Nach fast zwei Millionen verkauften Büchern und einer 13-teiligen Fernsehserie fand Lauras Stern sogar den Weg auf die Kino-Leinwand. Die Geschichte dahinter: Der kleine Stern ist als Sternschnuppe vom Himmel gefallen, hat sich dabei verletzt und wird von Laura gesund gepflegt. Durch die Freundschaft der beiden ordnet er Lauras kindliche Welt und die seiner Zuschauer gleichsam mit – und lässt trotzdem eine Ahnung offen, dass da vielleicht mehr ist zwischen Himmel und Erde. Laura wird, wie viele Menschen früher, von ihrem Stern geleitet bei der Suche nach dem richtigen Weg und getröstet bei ihrer Orientierungssuche nach einem Umzug in die Stadt.
Solche Sterne gibt es also im Leben von Kindern heute, genauso wie die Lobsterne unter den Hausaufgaben. Manche mit reisefreudigen Eltern wissen schon früh, dass Hotels durch die Anzahl der Sterne ausgezeichnet werden, sie kennen den Stern auf der Polizeimütze und manch kleiner Fußballfan auch die Bayern-Hymne „Stern des Südens“. Und alle Kinder kennen Leuchtsterne, Zimtsterne und Dekorationssterne an Weihnachten, dem Fest der Feste. Erst durch dieses alltägliche Vorkommen gewinnt der Stern auch heute noch für Kinder symbolische Bedeutung. Denn nur das, was in der vertrauten Realität vorkommt und Bedeutung hat, kann dem Menschen zum Symbol werden. Was – real oder medial vermittelt – nicht gesehen, beobachtet oder erlebt wurde, wird nicht zur inneren Vorstellung, zu einem Bild, das Eindruck in der Seele des Menschen hinterlässt und so symbolbildend wirkt. In der Bibel gibt es neben Licht und Finsternis, Stern und Feuer, Weg und Haus viele Zeichen mit Symbolcharakter, die uns in unserem Symbolverständnis prägen. Das Zeichensystem, mit dem Symbole verstanden werden können, wird durch Erzählungen, Bilder, Brauchtum und religiöse Feste weitergegeben – gerade an Weihnachten kommt beispielsweise der Stern immer wieder vor.
Das Schöne an Symbolen: Man kann mit ihnen uneigentlich vom Eigentlichen reden. Diese Einführung in das uneigentliche Sprechen – das Sehen mit dem dritten Auge, wie der Religionspädagoge Hubertus Halbfas es ausdrückt – kann auch religionspädagogisch angeleitet werden. Das Konzept dafür heißt sogar explizit „Symboldidaktik“.Damit wird – nicht nur für Kinder – leichter verständlich, warum der Stern auf den neugeborenen Heiland verweist – und warum Lena von ihrer Mutter „Sternchen“ genannt wird.
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Zeichen mit Symbolkraft
Unser Alltag ist gepflastert mit Sternen. Gerade zur Weihnachtszeit sind sie allgegenwärtig. Was es mit Symbolen wie dem Stern auf sich hat

Ein Kleinbauer auf Sri Lanka schabt die Rinde von Zimtbaum-Trieben abepd-bild / Jutta Ulmer