Zahlungen eines ausländischen Staates für Contergang-Geschädigte dürfen auf die nach deutschem Gesetz gezahlte Contergan-Rente angerechnet werden. Diese seit 2013 geltende Regelung des Conterganstiftungsgesetzes ist mit dem Grundgesetz vereinbar, wie das Bundesverfassungsgericht in einem am Mittwoch veröffentlichten Beschluss entschied. “Die Regelung verhindert Doppelleistungen und vermeidet damit Beeinträchtigungen der Gleichstellung der Leistungsempfänger”, hieß es zur Begründung.
Der Contergan-Skandal hatte die Nachkriegszeit erschüttert. 1957 brachte das Pharmaunternehmen Grünenthal das Schlafmittel auf den Markt. Zahlreiche Schwangere hatten nach Einnahme von Contergan, das den Wirkstoff Thalidomid enthielt, Kinder mit fehlenden oder verkürzten Armen und Beinen zur Welt gebracht.
Zwischen 1958 und 1962 kamen nach Angaben des Bundesverfassungsgerichts weltweit etwa 10.000 Kinder von Müttern, die während der Schwangerschaft thalidomidhaltige Schlaf- und Beruhigungsmittel von Grünenthal eingenommen hatten, mit schweren Fehlbildungen ihrer Gliedmaßen und anderen Körperschäden zur Welt.
Seit 1972 erbringt die staatliche Contergan-Stiftung Rentenzahlungen und weitere Leistungen an contergangeschädigte Personen im In- und Ausland. Die Contergan-Rente ist eine lebenslange monatliche Zahlung, die individuell am Grad der Schädigung bemessen wird.
Der Kläger des Ausgangsverfahrens, ein Contergan-Geschädigter mit Wohnsitz in Irland, bezieht zusätzlich zur deutschen Contergan-Rente Leistungen des irischen Staates. Diese Zahlung wird seit 2013 auf die Contergan-Rente des Klägers angerechnet. Konkret rechnete die deutsche Contergan-Stiftung die monatliche Zahlung des irischen Staates in Höhe von 1.109 Euro auf die monatliche Contergan-Rente des Klägers in Höhe von 3.686 Euro an.
Dagegen klagte der Mann. Der Fall kam bis vor das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig, das das Verfahren aussetzte, weil es an der Verfassungsmäßigkeit der Anrechnung zweifelte. Die Karlsruher Verfassungsrichter entschieden nun, dass die Regelung mit dem Gebot der Gleichbehandlung vereinbar sei. Die Vorschrift verletze auch nicht das Grundrecht auf Eigentum der von der Anrechnung betroffenen Bezieher von Contergan-Renten.