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Zadar ist eine unterschätzte Perle – Kroatiens sinnlichste Seite

Mediterran und meditativ: Wer Zadar nicht kennt, verpasst zauberhafte Momente, quirlige Plätze und verwinkelte Gässchen. Auch um die Hafenstadt herum zeigt sich die Natur von ihrer schönsten Seite.

Unwillkürlich beginnen die Menschen, sanft mitzuschwingen zu den Klängen der Meeresorgel. Das Instrument am äußersten Zipfel der kroatischen Küstenstadt Zadar liegt unter Wasser, nur die oberen Enden der Pfeifen sind am Boden zu erahnen. Die Wellen selbst spielen diese Orgel, die Nikola Basic vor 20 Jahren schuf: Mal schwillt die Musik an, mal ist sie kaum zu hören; in windstillen Momenten wiederholt sich eine schaukelnde, nahezu identische Tonfolge. Die Stufen sind vollbesetzt, gelegentlich spritzendes Meerwasser stört an diesem Frühsommerabend niemanden. Der Himmel ist ein einziges Prachtgemälde in Blau, durchsetzt mit orange-goldenen und rosafarbenen Schlieren.

Zu den schönsten Sonnenuntergänge der Welt gehörten jene in Zadar – das soll Regie-Ikone Alfred Hitchcock gesagt haben. Zahlreiche Bänke, Bars und Cafés laden an der Strandpromenade zum Verweilen ein, der Leuchtturm sendet minütlich ein blinkendes Signal: The living is easy.

Kroatien ist als Urlaubsland längst etabliert. Vor allem die südlicher gelegenen Küstenstädte wie Dubrovnik und Split ziehen auch aus Deutschland jedes Jahr mehrere Hunderttausend Reisende an. Ebenso die Inseln: Ganze 1.246 sprenkeln den Meeressaum des kleinen Balkanlandes, 47 davon sind dauerhaft bewohnt. Das auf einer schmalen Landzunge gelegene Zadar ist kein Geheimtipp mehr, aber auch nicht gnadenlos überlaufen – noch nicht.

Die pittoreske Altstadt erreicht man über die Gradski Most, die Stadtbrücke. Das Zentrum ist für historisch Interessierte ebenso lohnend wie für Naturfreunde: Gleich mehrere Parkanlagen bieten neben Schattenplätzen auch Informationen über die heimische Flora und Fauna – zwischen Palmen und Zypressen ist das Urlaubsgefühl quasi vorprogrammiert.

In der größten Kirche von Dalmatien, der Kathedrale Sankt Anastasia, wachen die vier Evangelisten von einem prachtvollen Nebenaltar aus über das Geschehen. Gleich daneben steht die byzantinische Donatuskirche, die trotz ihrer Schmucklosigkeit mit der achteckigen Architektur besticht, die sich über zwei Stockwerke zieht. Am römischen Forum und dem Platz der fünf Brunnen vorbei, lockt der Rundgang diesseits der Stadttore tagsüber mit Streetfood, abends mit Livemusik.

Der Geburtsort von Kroatiens Fußball-Megastar Luka Modric ist zudem die ideale Basis, um die bekannten Nationalparks des Landes zu besuchen: Plitvice, Krka und Paklenica liegen in Tagesausflugs-Entfernung, und zahlreiche Anbieter organisieren Bustouren ab Zadar. In den drei Parks wurden in den 1960er-Jahren Teile der Karl-May-Filme gedreht – worauf außer vereinzelten Schildern aber wenig hinweist.

So ist die Höhle, in der einst der “Schatz im Silbersee” versteckt war (gedreht an den Plitvicer Seen), für Gäste schon lange nicht mehr zugänglich. Dafür bietet das “Winnetou-Plateau” einen überwältigenden Ausblick über den Fluss Zrmanja und die umliegenden Canyons. Zudem sind die Wasserfälle von Plitvice und Krka auch unabhängig von der Filmreihe schlicht atemberaubend.

Paklenica lockt eher Kletterer und Bergsteigerinnen – im Tal, im Ort Starigrad, liegt wiederum das Winnetou-Museum. In dem früheren Hotel nächtigten einst die Filmstars Pierre Brice und Lex Barker – mit Waschbecken im Zimmer und schmalen Betten weit entfernt von Luxus.

Nur gute 15 Kilometer von Zadar entfernt erreicht man das Städtchen Nin. Von hier stammte ein Bischof des 10. Jahrhunderts, Grgur Ninski, an den eine monumentale Statue erinnert, geschaffen vom bekannten Bildhauer Ivan Mestrovic. In Sichtweite des Denkmals steht die Kirche Sveti Kriz, Heiligkreuz, auch die “kleinste Kathedrale der Welt” genannt. Tatsächlich war sie wohl nie Bischofssitz; ihre Fenster aber sind so angeordnet, dass das Bauwerk durch den Lichteinfall früher auch als Kalender und als Sonnenuhr fungierte.

Die Strecke von Nin nach Zadar führt derweil vorbei an mehreren Stränden. Empfehlenswert sind in Kroatien grundsätzlich Badeschuhe, da es kaum reine Sandstrände gibt – die Gummischlappen sind in den meisten Souvenirläden und Kiosken erhältlich.