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WWF fordert mehr Einsatz gegen Artensterben

Der Umweltverband WWF warnt vor dramatischen Folgen des anhaltenden Artensterbens auf der Erde. Die Abwärtsspirale bei der Artenvielfalt müsse dringend aufgehalten werden, um die Lebensgrundlagen von Mensch und Natur zu erhalten, betonten Experten des WWF anlässlich der Veröffentlichung des neuen „Living Planet Reports“ der Organisation am Donnerstag. Gelinge dies nicht, könnten sogenannte Kipppunkte überschritten und unumkehrbare Veränderungen verursacht werden. Die kommenden fünf Jahre seien entscheidend für die Zukunft des Lebens auf der Erde.

Handlungsbedarf bestehe in zahlreichen Politikfeldern, von der Landwirtschaft über die Energiesysteme bis zu einer Umstellung der globalen Finanzströme auf nachhaltige Investitionen, hieß es. Kathrin Samson, Naturschutz-Vorständin des WWF Deutschland, sagte, zu den erforderlichen Maßnahmen gehöre unter anderem, Flächen zu renaturieren, schädliche Subventionen zu beseitigen, Umweltverschmutzung und die Ausbreitung invasiver Arten zu vermeiden sowie eine nachhaltige, zukunftsfähige Wirtschaftsweise voranzutreiben.

Samson betonte, die Belastungsgrenzen des Planeten dürften nicht überschritten werden. Die Umwandlung wertvoller Natur in Agrarflächen und die Zerstörung der tropischen Regenwälder müssten gestoppt, Lebensmittelverluste und -verschwendung reduziert und vorhandene Finanzmittel von natur- und klimaschädlichen zu nachhaltigen Investitionen umgelenkt werden, sagte sie. Bei drei in Kürze anstehenden Weltkonferenzen – in Kolumbien über die biologische Vielfalt, in Aserbaidschan über das Klima und in Südkorea zum Thema Plastikmüll – müssten dringend Fortschritte erzielt werden.

In den vergangenen 50 Jahren habe der Mensch die im Report untersuchten Wirbeltierbestände um durchschnittlich 73 Prozent dezimiert, hieß es. Den stärksten Rückgang verzeichneten die Süßwasserökosysteme mit 85 Prozent. Geografisch seien Lateinamerika und die Karibik mit 95 Prozent, Afrika mit 76 Prozent und die Asien-Pazifik-Region mit 60 Prozent am stärksten betroffen. Größter Treiber des Artensterbens sei die Zerstörung der Lebensräume von Tieren und Pflanzen durch den Menschen.

Am Beispiel des Amazonas-Regenwaldes zeige sich, wie der Rückgang der Baumbestände mit einer geringeren Feuchtigkeitsabgabe des Waldes, geringerer Wolkenbildung, weniger Regen, einer Verschlechterung der Ökosysteme und höheren Kohlenstoffemissionen einhergehe, hieß es weiter. Neben Abholzungen trage auch der Verlust großer Säugetiere, die Früchte fressen und so Samen großer Bäume verbreiten, zum weiteren Rückgang der Tropenwälder bei.

Der Amazonas-Regenwald speichere derzeit rund 300 Milliarden Tonnen Kohlenstoff, hieß es. Ein Kipppunkt werde dort erreicht, sobald 20 bis 25 Prozent des Regenwaldes zerstört seien. 14 bis 17 Prozent der Baumbestände sind dort laut WWF bereits abgeholzt. Es drohten Umweltbedingungen, die für Tropenwälder nicht mehr geeignet sind.

Zugleich gebe es auch hoffnungsvolle Entwicklungen, die zeigten, dass aktiver Artenschutz wirkt, betonte der WWF. Dazu gehörten unter anderem die Ausbreitung des einst fast ausgerotteten eurasischen Bibers und wieder wachsende Bestände von afrikanischen Berggorillas. Zudem empfiehlt der WWF, die Rechte indigener Völker und lokaler Gemeinschaften zu achten, weil sie rund ein Viertel der globalen Landfläche noch überwiegend traditionell und weitgehend nachhaltig nutzten. Damit könnten auch Naturschutzbemühungen in vielen Teilen der Erde erfolgreicher sein.