Nach dem gescheiterten Bürgerentscheid für einen Nationalpark im Reichswald im Kreis Kleve hat NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) aufgerufen, das Ergebnis zu respektieren. Man habe von Anfang an betont, dass ein solches Vorhaben nur mit der Akzeptanz der betroffenen Bevölkerung funktionieren könne, sagte Wüst der in Düsseldorf erscheinenden „Rheinischen Post“ (Montag Online, Dienstag Print). Laut dem am Sonntagabend bekannt gegebenen Resultat sprachen sich 52,7 Prozent der Abstimmenden im Kreis Kleve gegen eine Bewerbung für einen zweiten Nationalpark in NRW aus.
Wüst erklärte, die Menschen vor Ort müssten einen Nationalpark auch selbst wollen. Deswegen habe man im Koalitionsvertrag zwischen CDU und Grünen einen breiten Beteiligungsprozess vereinbart. Das negative Votum der Region sei nun zu akzeptieren, zeige aber ebenso, „dass Projekte für mehr Arten- und Naturschutz auch viele Befürworter haben“, betonte der Ministerpräsident. Alle Beteiligten in dem Streit sollten sich nach „teils hitzig geführten Diskussionen“ nun wieder sachlich begegnen, appellierte Wüst.
Der Findungsprozess für eine zweite Schutzregion in NRW neben dem seit 20 Jahren bestehenden Nationalpark Eifel war vom Land im September 2023 gestartet worden. Regionen konnten Interesse bekunden, in ihrem Gebiet einen Nationalpark auszuweisen. In der Diskussion war neben dem Reichswald auch die Egge in den Kreisen Höxter und Paderborn. Auch dort hatten sich jedoch die Wählerinnen und Wähler in Bürgerentscheiden mehrheitlich dagegen ausgesprochen.
Die SPD-Fraktion im nordrhein-westfälischen Landtag wertete den Ausgang des Bürgerentscheids als „fatales Signal“ für den Schutz der Biodiversität. Das knappe Ergebnis zeige, dass mit geschlossener Unterstützung der Landesregierung „mehr drin“ gewesen wäre, erklärte der umweltpolitische Sprecher der Fraktion, René Schneider. Die CDU vor Ort hatte sich entschieden gegen einen möglichen Nationalpark ausgesprochen.
Auch der Naturschutzbund NRW zeigte sich enttäuscht. Der Bürgerentscheid sei die letzte realistische Chance gewesen, das Koalitionsziel der schwarz-grünen Landesregierung zur Ausweisung eines zweiten Nationalparks in NRW noch zu erreichen. Die Landesregierung müsse „schnellstmöglich einen konkreten Plan“ vorlegen, wie Wildnisgebiete effektiver geschützt werden können.
Der Reichswald ist nach Angaben des Kreises Kleve mit etwa 5.100 Hektar Fläche der größte zusammenhängende öffentliche Staatsforst in Nordrhein-Westfalen. Aufgrund des großen Anteils von Flächen im Landeseigenturm hatte das Gebiet als besonders geeignet für die Errichtung eines Nationalparks gegolten.
Nationalparke sollen laut dem Bundesnaturschutzgesetz einen möglichst ungestörten Ablauf der Naturvorgänge in ihrer natürlichen Dynamik gewährleisten und zugleich der wissenschaftlichen Umweltbeobachtung, der naturkundlichen Bildung und dem Naturerlebnis der Bevölkerung dienen.