Artikel teilen:

Wohlfahrtsverbände warnen vor Kollaps der sozialen Infrastruktur

Der neue Bundeshaushalt plant mit erheblichen Kürzungen im sozialen Bereich. Diakonie und andere Wohlfahrtsverbände rechnen mit der Einstellung von vielen Hilfen – und fordern eine Kursänderung.

Zum 175. Jubiläum der Diakonie Deutschland im September hatte Bundeskanzler Olaf Scholz (li, neben Diakoniepräsident Lilie) noch die Bedeutung eines starken Sozialstaats betont
Zum 175. Jubiläum der Diakonie Deutschland im September hatte Bundeskanzler Olaf Scholz (li, neben Diakoniepräsident Lilie) noch die Bedeutung eines starken Sozialstaats betontepd-bild / Christian Ditsch

Angesichts der Kürzungspläne im Bundeshaushalt warnen Wohlfahrtsverbände vor einem Zusammenbruch sozialer Infrastruktur in Deutschland. Viele Angebote drohten wegzubrechen, da gestiegene Kosten finanziell nicht ausreichend kompensiert werden könnten, erklärten Arbeiterwohlfahrt (AWO), Diakonie Deutschland und der Paritätische Wohlfahrtsverband unter Berufung auf eine bundesweite Umfrage von rund 2.800 gemeinnützigen Organisationen und Einrichtungen.

Trotz steigender Nachfrage mussten vielerorts bereits Angebote und Hilfen eingeschränkt oder sogar ganz eingestellt werden, hieß es. Der Bund müsse dringend von angekündigten Haushaltskürzungen Abstand nehmen. Im Gegenteil brauche es eine konzertierte Aktion von Bund, Ländern und Kommunen sowie einen Kurswechsel in der Steuer- und Finanzpolitik.

Diakoniepräsident Lilie warnt vor sozialen Folgekosten

Die befragten Einrichtungen verzeichnen den Verbänden zufolge eine Kostensteigerung um durchschnittlich ein Sechstel (16 Prozent) seit Anfang 2022. Fast jede dritte befragte Einrichtung musste demnach Personal abbauen bzw. plant Entlassungen. Auch die Möglichkeit, Kostensteigerungen durch höhere Nutzerbeiträge auszugleichen, scheine weitgehend ausgereizt; es drohten Verwerfungen. Viele, die besonders auf Unterstützung angewiesen sind, könnten sich Angebote inzwischen nicht mehr leisten.

Der Präsident der Diakonie Deutschland, Ulrich Lilie, erklärte: Wer in Zeiten großer Unsicherheit und gesellschaftlicher Umbrüche nicht in Bildungs- und Teilhabegerechtigkeit sowie in eine stabile soziale Infrastruktur investiere, müsse später ungleich höhere Summen für die Lösung der sozialen Folgeprobleme aufwenden. “Wer heute kürzt, zahlt morgen drauf”, so Lilie. AWO-Präsident Michael Groß nannte es ungerecht und unvernünftig, zulasten gemeinnütziger Träger und deren Klientinnen und Klienten zu sparen.