Jubiläum: Seit 100 Jahren gibt es den Pfarrfrauenbund. Gefeiert wird am 4. Juni in Burbach-Holzhausen. Aber was genau feiert man da? Ist ein Zusammenschluss von Pfarrerfrauen noch zeitgemäß? „Ja“, sagt Claudia Heide, Ansprechpartnerin für die Regionalgruppen in Westfalen und zuständig für die Finanzen im Pfarrfrauenbund. „Auch wenn sich die Rolle der Pfarrfrau verändert hat.“ Mit ihr sprach Gerd-Matthias Hoeffchen.
• Wofür brauchen Pfarrfrauen einen eigenen Bund?
Es tut gut, wenn man sich austauschen kann. Über Herausforderungen reden, über Aufgaben, aber auch über schwierige Situationen. In der Gemeinde ist das für uns manchmal nur eingeschränkt möglich. Da steht man als Pfarrfrau sehr im Mittelpunkt der Wahrnehmung. Reden Sie doch mal in der Gemeinde über eine Zerrüttung der Pfarrfamilie oder gar über eine mögliche Scheidung. Im Pfarrfrauenbund haben wir einen geschützten Raum. Und natürlich haben auch alle einen vergleichbaren Hintergrund: Wir wissen, wo den anderen der Schuh drückt.
• Was sind denn typische Themen?
Wir können über alles reden, offen, frei – und darauf bauen, dass die anderen uns verstehen und uns im Gebet mittragen.
• Das geistliche Leben spielt eine wichtige Rolle im Pfarrfrauenbund?
Auf jeden Fall. Es stand ja sogar ganz am Anfang. Als vor 100 Jahren der Bund gegründet wurde, geschah das auch, weil Pfarrfrauen damals keine Möglichkeit hatten, an den Vorträgen und Bibelarbeiten teilzunehmen, die ihre Männer im Pfarrergebetsbund abhielten.
• Das war vor 100 Jahren. Könnten heute die Frauen nicht bei den Männern teilnehmen?
Aus unserer Sicht hat es sich einfach bewährt, dass Frauen ihren eigenen Raum gefunden haben.
• Ist das auch der Grund, warum in Ihrem Bund keine Männer Mitglied sind? Schließlich gibt es mittlerweile ja auch Pfarrmänner – also Ehemänner von Pfarrerinnen.
Diese Frage hat sich uns bislang nicht gestellt. Wenn ein Mann Mitglied werden wollte, müssten wir darüber nachdenken.
• Es gibt neben Ihnen noch eine weitere Vereinigung. Früher hieß dieser Zusammenschluss „Pfarrfrauendienst“ in der Evangelischen Kirche in Deutschland, heute „Pfarrfrauen und Pfarrmänner“. Dort sind die Männer also offenbar dabei.
Wir empfinden einander nicht als Konkurrenz. Schon vor Jahren haben sich die beiden Vereinigungen zusammengesetzt um zu schauen, wo Gemeinsamkeiten sind. Wir haben dann festgestellt: Wir haben unterschiedliche Profile, und wir können gut miteinander leben, indem jeder seine Arbeit tut.
• Wie würden Sie das Profil das Pfarrfrauenbundes beschreiben?
Man muss sich immer vor zu groben Verallgemeinerungen in Acht nehmen. Wie gesagt: Uns ist das geistliche Leben und dabei vor allem das Gebet füreinander wichtig. Und wir sind traditionell in Regionen gut vertreten, die eine Frömmigkeitsgeschichte haben. Hier in der Umgebung vor allem in Ostwestfalen, im Oberbergischen und in Wuppertal. Deutschlandweit sind Regionalgruppen in Württemberg und Baden stark engagiert.
• Was hat sich verändert in den vergangenen Jahrzehnten?
Die Situation der Pfarrfrau ist heute eine ganz andere. Als mein Mann seine erste Pfarrstelle übernahm, war es ganz normal, dass ich ihm dabei half. Meinen eigenen Beruf als Bankkauffrau gab ich auf, um ganz für die Gemeindearbeit da zu sein: Gemeindegruppen, Frauenhilfe, eine Zeit lang auch das Sekretariat im Gemeindebüro, manchmal als Organistenvertretung. Später dann auch als Laienpredigerin. Heute haben die Ehefrauen der Gemeindepfarrer meist ihren eigenen Beruf. Das Pfarrhaus und die Pfarrfamilie haben da eine ganz andere Funktion.
• Bedauern Sie das?
Ich habe meine Arbeit in der Gemeinde stets als Aufgabe und Dienst gesehen. Und ich habe diesen Dienst sehr gern getan. Für mich könnte ich es mir nicht anders vorstellen. Aber das heißt nicht, dass andere Frauen ihre Lebenssituation nicht anders gestalten können. Auch im Pfarrfrauenbund haben wir da unterschiedliche Einstellungen nebeneinander, und das ist in Ordnung.
• Wenn Sie mit ganz wenigen Sätzen erklären sollten, warum Sie im Pfarrfrauenbund sind: Was würden Sie sagen?
Ich treffe im Pfarrfrauenbund Frauen, die mich verstehen, weil sie in einer ähnlichen Situation sind. Wo Vertraulichkeit gewährleistet ist. Die mich auch im Gebet mittragen. Ich hatte im letzten Jahr eine OP. Ich wusste: Da sind jetzt viele, die für mich beten – das hat mich sehr gestärkt