Ein Gutachten des früheren obersten Rechnungsprüfers der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Harald Weitzenberg, bescheinigt der anhaltischen Landeskirche mit Sitz in Dessau-Roßlau ab 2025 ein Haushaltsdefizit. Die Prognose wurde am Freitag auf der Landessynode in Bernburg vorgestellt. Der Vorsitzende des Finanzausschusses der Synode, der Unternehmer Ullrich Hahn aus Garitz bei Zerbst, sieht die Finanzen der Landeskirche dennoch solide aufgestellt.
epd: Wer hat das Gutachten in Auftrag gegeben?
Ullrich Hahn: Der Auftrag kam von unserer Landeskirche. Wir wollen ja selber wissen, was gegebenenfalls auf uns zukommen kann. Wir wissen um die sinkenden Kirchenmitgliederzahlen. Es ist unser tägliches Geschäft, zu schauen, wo die Entwicklung hingeht. Zudem sind wir eine EKD-Empfängerkirche. Wir erhalten jedes Jahr Mittel aus dem Finanzausgleich. Da schulden wir den einzahlenden Gliedkirchen eine Rechenschaft, dass wir uns um unsere finanziellen Belange bemühen. Wir streben ja nicht an, dass das ein ewig währender Zahlungsvorgang wird. Wir möchten natürlich lieber unabhängig dastehen. Aber wir befinden uns in einer Region, der die großen Ballungsräume fehlen und in der nicht viele Menschen mit hohen Einkommen Kirchenmitglieder sind.
epd: Welche Konsequenzen zieht die Landeskirche aus diesem Gutachten?
Hahn: Dieses Gutachten hat für sich erstmal keine Konsequenzen. Für uns steht da nichts wirklich Neues drin. Es kommt aber dem, was uns in Zukunft blühen wird, recht nahe. Die Konsequenzen haben wir ja längst schon vor vielen Jahren gezogen. Wir hatten jetzt zehn Jahre in Folge, in denen wir Haushaltsüberschüsse in hohen sechsstelligen Höhen erwirtschaftet haben. Die Kirchensteuereinnahmen waren leicht besser als prognostiziert, und die Ausgaben waren leicht unter unseren eigenen Prognosen. Die Überschüsse haben wir Jahr für Jahr in unsere Rücklagen gesteckt. Insgesamt haben wir jetzt Rücklagen über rund elf Millionen Euro. Sie sehen daran, dass wir diesen Entwicklungen, die jetzt kommen, schon lange Rechnung tragen. Wir haben eigentlich fast immer eine Hand an der Bremse. Auch das Verbundsystem haben wir eingeführt. Damit wollen wir die geistliche Versorgung der Menschen in Anhalt auch künftig gewährleisten. Es ist ein professioneller Verbund aus einem Pfarrer, einem Kirchenmusiker, Gemeindepädagogen und einer Verwaltungskraft. Diese vier Personen arbeiten in Pfarrämtern zusammen und die haben wir regionalisiert. Es gibt also weniger, aber immer mit diesen Professionen besetzte Pfarrämter.
epd: Kirchenpräsident Liebig betont immer die Eigenständigkeit der Landeskirche. Ist diese durch das Gutachten gefährdet?
Hahn: Fusionen sparen kein Geld. Sie wurden immer mit dem Versprechen eingegangen, dass alle Stelleninhaber ihre Posten behalten. Es ist auch kein Gebäude ungenutzt geblieben. Es ist also nie unter Beweis gestellt worden, dass Fusionen eine Lösung für Finanzprobleme sind. Die Größe einer Kirche ist nicht dafür relevant, ob sie ihrer Aufgabe noch gerecht werden und das Heil zu den Menschen bringen kann. Sie muss als Institution funktionieren können. Ob eine Kirche 100.000 oder 15.000 Mitglieder hat, sagt alleine noch nichts über ihre Leistungsfähigkeit aus. Sie müssen als Landeskirche nicht immer alles in Form von Ämtern mit viel Bürokratie abbilden. Man kann das in Kooperation machen und das gibt einem viel mehr Sicherheit in der Planung seiner Ausgaben.