Frankfurt. Mehr als 30 Grad und pralle Sonne auf dem Friedhof: Für Pastoren in ihrem Talaren sind die hochsommerlichen Temperaturen eine besondere Herausforderung. Sie sind dazu verpflichtet, das schwarze bodenlange Gewand mit seinen langen, meist weiten Ärmeln auch bei Beerdigungen im Freien zu tragen. Der Pastor Martin Becker aus Kassel weiß nur zu gut: "Im Sommer ist es richtig gut warm unter dem Talar." Trotzdem trägt er immer einen Anzug. Nur wenn es so heiß ist wie zurzeit, lasse er das Jackett weg, sagte er dem Evangelischen Pressedienst (epd). "Wenn ich gut gekleidet bin, dann fühle ich mich zum Predigen freier." Um etwa auf Beerdigungen dem Anlass entsprechend gekleidet zu sein, nehme er das Schwitzen in Kauf.
Schneiderin Doris Krause aus Eisenach näht seit mehr als zehn Jahren maßgeschneiderte Talare. Sie empfiehlt ihren Kunden, im Sommer möglichst wenig andere Kleidungsstücke unter dem Gewand zu tragen. Erst kürzlich habe sie eine kräftigere Pfarrerin eingekleidet. "Die hat mir gesagt, dass sie nur kurze Leggins und einen BH unter ihrem Talar trägt", erzählt Krause mit einem Schmunzeln.
Alternative weiße Albe
Stefan Claaß unterrichtet als Professor für Homiletik und Liturgik im Theologischen Seminar der Evangelischen Kirche Hessen und Nassau angehende Pastoren. Er rät ihnen bei hohen Temperaturen zu Funktionsstoffen aus dem Sportbereich. "Die kann man in der Hitze gut tragen, weil sie dünn und leicht sind." Auch wenn die evangelischen Landeskirchen nicht vorschrieben, was die Pfarrer unter dem Talar zu tragen hätten, solle man beachten: "Gelbe Hosenbeine und rote Sportschuhe lenken zum Beispiel ab." Dezente Farben sowie lange Ärmel und Hosen seien daher Pflicht, erklärt der evangelische Theologe.
Anders als die Kleidung unter dem Gewand wird der Schnitt des Talars in der Amtstrachtsordnung der jeweiligen Landeskirchen festgelegt. Die Talarform variiert daher deutschlandweit. Eine Alternative zu dem schwarzen Kleidungsstück ist die weiße Albe, die vor allem zu besonderen Anlässen getragen wird. Wenn es der Kirchenvorstand einer Gemeinde erlaubt, kann der Pfarrer die Albe allerdings auch dauerhaft tragen. "Darunter ist es dann natürlich nicht ganz so heiß wie unter dem schwarzen Gewand", erklärt Talar-Schneiderin Krause.
Leichte Stoffe
Im Sommer verwendet sie extra leichte Stoffe beim Nähen. Wenn die Pastoren in der Hitze stünden, sei es wichtig, dass ein Talar nicht zusätzlich belaste. "In Zeiten des Klimawandels müssen wir Talarschneider uns etwas einfallen lassen", betont Krause. Sie habe die sonst weiten Ärmel auch schon so geschneidert, dass man von der Seite nicht reingucken könne. So könne der Pfarrer auch kurze Kleidung unter dem Gewand tragen. Claaß weist auf Tropentalare hin, die viele seiner Kollegen in Afrika besäßen. Er sehe wie ein herkömmlicher Talar aus, sei aber ganz dünn.
Pfarrer Becker, der in der Christuskirche in Bad Wilhelmshöhe in Kassel arbeitet, wappnet sich mit einem Wolltalar gegen die hohen Temperaturen. "Was gut gegen Kälte ist, ist auch gut gegen Hitze." Wenn ein Talar aus Wolle im Winter wärme, könne er auch im Sommer die Hitze abhalten und nach außen isolieren. Das habe er von Wüstenvölkern gelernt. Er hoffe aber sowieso, dass der Heilige Geist unabhängig von der Garderobe des Pfarrers wirke, sagt Becker: "Den Heiligen Geist trägt man in sich, egal welche Kleidung man trägt." (epd)