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Wer Luther war im Lutherjahr…

Unsere Leserin Beate Schwenk aus Bad Sassendorf hat versucht, ihrer Tochter zu erklären, wer der Wittenberger Reformator war. Das ist ihr auf‘s Beste gelungen: mit herzerfrischenden Versen

Mama, weißt du wer Luther war?“ Die Tochter kommt nach Hause.
Ich leg den Deckel auf den Topf und mache eine Pause.
Die Suppe köchelt vor sich hin, das Kind sitzt auf dem Kissen,
ich sitze auf der grauen Couch, denk nach und prüf mein Wissen…
 
„Äh… also …“, fang ich stotternd an, „der Luther war ein Gottesmann…
und dann… und da… und hier… und so… und fünfundneunzig Thesen…“
Du liebe Zeit! Ich quäl mich so. Da ist doch mehr gewesen!

Verflixt! Das kann doch jetzt nicht sein…, ein jeder kennt den Luther.
Warum fällt mir denn nur nichts ein? Was bin ich für ne Mutter!
Doch gähnend leer ist heut mein Kopf – und außerdem da läuft beim Topf,
doch Gott sei Dank die Brühe über… und meine Pause ist vorüber.

Nach Hühnersuppe, Kirschkompott, nach Spiel und Hausaufgaben,
wird erst einmal im Internet und Lexikon gegraben.
… Aha! Ach so? Das wusst ich nicht. Das ist ja int‘ressant!
Nein, wirklich? Oh, wie sonderbar! Das war mir nicht bekannt…

„Komm Süße, setzt dich wieder hin! Die Mama  hat jetzt Power.
Erzählt dir alles, was sie weiß, zu Luther jetzt genauer:
Er lebte, noch in einer Zeit, da gab es keinen Strom;
kein Auto, keine Nougatcreme und auch kein Telefon.
Es ging, wer arm war, nur zu Fuß, und meistens ohne Schuh;
die, die ein bisschen reicher warn, mit Karren und mit Kuh.  
Die wirklich reichen Edelleute, die Prinzen und die Ritter,
die ritten dann auf einem Pferd, mit Fähnchen, Gold und Flitter.
Die Männer trugen bunte Leggings, und Pullis mit nem Röckchen;
die Pulliärmel waren weit, am Fuß warn bunte Glöckchen.“

Die Tochter sieht mich skeptisch an, dann kippt sie um vor Lachen:
„Das glaub ich nicht! Das glaub ich nicht! Dass Männer so was machen!“

„Doch wirklich, das war damals Mode“, beeil ich mich zu sagen,
„Durch alle Zeiten wunderlich sind solche Modefragen!“

Hi, hi ,hi! Wie dumm, wie doof!“ Die Kleine lacht noch immer.
„Mama, stell dir doch einmal vor, Papa kommt so ins Zimmer!
Und kleine Mädchen, so wie ich und Mamas, so wie du?
Was hatten die wohl damals an, was trugen die für Schuh?“

„Auf alle Fälle trug man Kleid: ganz lang – verdeckt die Beine;
ganz eng anliegend oder weit, mit Ärmeln so wie deine.“

„Oh!“, haucht sie, und sieht mich an, „War an den Ärmeln Spitze dran?“

„Für einen Ball im Schloss bestimmt. Wenn du und ich Prinzessin sind.
Wenn du und ich nur Mägde waren, und Papa nur der Knecht im Stall – auf keinen Fall!“

„Dann will ich Aschenbrödel sein!“ Die Tochter zieht ein Schnütchen.
„Wie in dem Film am Weihnachtstag: mit Armbrust und mit Hütchen!“

„Genau, genau, das ist die Zeit!“ – Die Kurve kriegt die Mutter…. – Uff!
„Genau in dieser Ritterzeit, da lebte Martin Luther!
Er war ein Mönch, wie schon gesagt, er liebte langes Beten;
er wollte gerne stundenlang mit Gott und Jesus reden.
Doch irgendwie, doch irgendwas missfiel ihm an dem Glauben,
die Kirche war ihm zu verdreht, den Menschen Kraft zu rauben…
Damals, so hieß es, mag dich Gott, wenn du ihm machst Geschenke:
mal Geld, mal Kerzen, mal ein Schwein – und für den Kirchraum Bänke.

Der Luther fand das gar nicht gut: „Der Glauben kommt von Herzen!
Gott selber hat ihn uns geschenkt, dafür braucht’s keine Kerzen!
Das Schweinchen legt, ihr armen Leute, auf euren eignen Teller.
Und freut euch an dem lieben Gott, denn er füllt euch den Keller.
Dankt Gott nicht nur, weil ihr es sollt, Gott kennt der Menschen Schwächen.
Dankt Gott, weil ihr ihm danken wollt! Er wird sich niemals rächen!
Er ist ein Vater, groß und gut, verziehn sind alle Sünden,
er gab uns seinen eignen Sohn, dies alles zu ergründen….“

Oooch Mama, das ist langweilig!“ Die Kleine knautscht das Kissen.
„Das ist so ödes Elternzeug… davon will ich nichts wissen.
Wie gings dann weiter? Was kam dann? Ist er ein Mönch geblieben?“

„Nein, nein! Die Suche nach dem wahren Glauben, die hat ihn fortgetrieben!
Herr Luther packte seine Sachen, und sagte ‚Tschüß’ zur Klostermaus,
er zog hinunter in die Stadt und kaufte sich ein eignes Haus.“

„Mit Maus?“
„Mit Maus.“
„Und Katze? Und nem Hund? Und hat er auch ne Frau?“
„Oh ja, mein Schatz, da liegst du richtig. Genauso war das. Ganz genau.
Die Katharina, eh’mals Nonne, die heiratet den Luther,
und wird – weil sie sehr glücklich sind – sechsmal im Ganzen Mutter.
Als erstes kriegen sie Johannes, dann folgt dem Bub Elisabeth,
dann Magdalena und ein Martin, dann liegt ein kleiner Paul im Bett.
Die jüngste ist klein Margarete, ein süßes Ding mit braunem Haar;
‚Vom Himmel hoch, da komm ich her…’, so dichtet Luther, jetzt Papa.“

Das Lied, das kenn ich! Ist ja toll! Das Lied hat er erfunden?“

„Und auch noch viele Weitere…“ Das Kind, das ist verschwunden…

Ein paar Minuten später ein Stimmchen durch die Räume dringt:
„…ich bring euch gute neue Mär…“, das Stimmchen lauthals singt.

„He, Mausi, komm, es geht noch weiter! Noch vieles hat der Mann gemacht…“

„Ach, Mama, du, das reicht mir schon.“ Das Mäuschen singt und lacht.

„Er hat die Bibel übersetzt. In Deutsch, das man noch heut versteht.
Und hat die Kirche reformiert und….“
Doch Mäuschen singt – und geht.

So sitz ich auf der grauen Couch und fühl mich ziemlich schlau:
So weiß ich denn im Lutherjahr, wer Luther war.
Doch wer war Luthers Frau?

Ins Tuch mach ich nen Knoten, damit ichs nicht vergess,
zu schreiben über den ‚Herrn Käthe’.
Behüt’ euch Gott, B.S.