Kleine Sünden sind allgegenwärtig. Ein Automagazin wirbt mit den „kleinen Sünden“ für einen Artikel über Verkehrsübertretungen, eine Konditorei für Pralinen und eine Vinothek für große Weine. Sehr oft geht es bei kleinen Sünden um Genuss, um etwas, was man sich unmöglich verbieten kann. Genau so schreibt es jene Vinothek: Kleine Sünden sind etwas, das man mit einem kleinen Lächeln begeht, letztendlich sogar Balsam für die Seele. Sie sind es, die das Leben schön machen und am Ende eines Tages als Belohnung gelten können.
Schokolade essen hat mit Sünde nicht viel zu tun
Hat man dann gesündigt, findet man im Internet die entsprechenden Ratschläge, wie man kleine Sünden ungeschehen machen kann. Mehr Sport, weniger Kohlenhydrate am nächsten Tag, das Handy mal zu Hause liegen lassen. So richtig schlimm sind die kleinen Sünden ja nicht und machen einen letztendlich sogar liebenswerter. Denn wer wollte schon perfekt sein?
Bei den genannten Punkten mag das stimmen. Alles nicht so schlimm und mit ein bisschen Disziplin wahrscheinlich auch in den Griff zu bekommen. Aber warum geht es dann in der Kirche immer um Sünde? Was ist dann eigentlich eine Sünde, wenn das Naschen zwischendurch oder die kleine Verkehrsübertretung ja irgendwie nicht so schlimm sind?
Im Lexikon für Theologie und Kirche kann man folgendes dazu nachlesen: „Nicht die bloße Gesetzesübertretung, sondern der Abbruch personaler Beziehungen zwischen Mensch und Gott ist Sünde im eigentlichen Sinn.“ Es geht also nicht darum, sich einfach an Gesetze zu halten, und damit ist dann alles erledigt. Es ist damit im Grunde auch nicht wichtig, ob man ein Kilo mehr oder weniger wiegt, nachdem man den Pralinen nicht widerstehen konnte.
Vielmehr gilt die Frage: Was trennt mich vom Leben? Denn eine personale Beziehung zwischen Mensch und Gott ist Leben. Gott will ja, dass der Mensch lebt und dass es ihm gut geht. Wer sich dann von Gott abwendet – also sündigt –, schneidet sich selber vom Leben ab. Jeder hat es ja selber in der Hand, sich zu entscheiden.
Um im Bild der kleinen Sünden zu bleiben, bedeutet das: Nicht das Glas Wein am Abend – entspannt genossen – ist Sünde und trennt einen Menschen vom Leben. Aber wer jeden Abend den Wein braucht, um runterzukommen, hat sich schon vom Leben abgeschnitten. Wer den Wein nicht mehr in Gläsern, sondern in Flaschen misst, hat das gute Maß überschritten und schadet sich selber – und darüber hinaus auch anderen. Das Leben ist ein hohes Gut, und deswegen soll man sorgsam damit umgehen.
Der Mensch ist ein Wesen, das in Beziehungen lebt, so dass der übermäßige Alkoholkonsum letztendlich auch Auswirkungen auf die Umwelt hat. Die anderen machen sich Sorgen, und wer immer benebelt ist, bekommt auch nicht so richtig mit, was die Mitmenschen bewegt. Im Letzten bekommt man auch nicht mehr mit, was Gott eigentlich für einen selber will.
Und da das Zusammenspiel von Gott, Mensch und Nächstem wie eine Gleichung ist, hat jedes Verhalten Auswirkungen auf alle drei Beteiligten. Wie gesehen, schadet jemand nicht nur sich selbst, sondern stört auch seine Beziehung zum Nächsten und zu Gott.
Es ist jederzeit möglich, das Leben zu wählen
Wer so handelt und lebt, dem kann es nicht gut gehen. Der hat nicht das Leben in Fülle, das uns Menschen von Jesus Christus versprochen ist. Zwar lässt sich manches verdrängen, und ein schlechtes Gewissen kann beruhigt werden. Aber irgendwann kommt es doch zum Tragen. Dann ist es gut, dass es die Geschichte vom verlorenen Sohn und dem barmherzigen Vater gibt. In ihr wird deutlich, dass selbst derjenige, der sich willentlich vom Leben getrennt hat, von Gott mit offenen Armen empfangen wird.
Auch wenn der Sohn zu Anfang der Geschichte großspurig die Beziehung zu seinem Vater beendet hat, kehrt er doch zu ihm zurück. Und der Vater ist niemand, der dem Sohn den Fehler lange vorhält oder sich gekränkt zurückzieht. Vielmehr freut er sich von ganzem Herzen, dass der Sohn die Trennung wieder rückgängig macht.
Es ist also immer möglich zu schauen, wie die Beziehung zu Gott aussieht und sie, im Falle einer Trennung, wieder aufzunehmen. Es ist jederzeit möglich, sich zu besinnen, nicht mehr zu sündigen und stattdessen das Leben zu wählen.