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Wenn Fürsorge krank macht

Fürsorge kann krank machen. Darauf macht die Fachärztin für Gerontologie, Psychiatrie und Psychotherapie an der Klinik Jägerwinkel am Tegernsee, Katharina Grobholz, anlässlich des „Internationalen Tags der Pflege“ am Sonntag (12. Mai) aufmerksam. Die Chefärztin für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie spricht von einem „Burnout“ pflegender Angehöriger.

In Deutschland sind laut dem Statistischen Bundesamt in Wiesbaden (2023) rund fünf Millionen Menschen pflegebedürftig. Vier von fünf Pflegebedürftigen werden zuhause versorgt, zumeist von Angehörigen. „Im Vordergrund steht in der Regel ein Erschöpfungssyndrom“, beschreibt Grobholz im epd-Gespräch die Symptomatik, mit der die Patienten in die Klinik kämen.

Schlafstörungen, auch körperliche Beschwerden wie Rückenschmerzen oder Verspannungen oder Anzeichen einer Depression, seien die häufigsten Symptome, sagt die Ärztin. Viele spürten erst in der Auszeit, wie erschöpft sie sind. „Die Menschen können nicht mehr“, betont sie.

Vergleichbar mit einer Überlastung im Beruf gerate der pflegende Angehörige in einen „Burnout“. Die Selbstfürsorge leide, die eigenen Bedürfnisse würden vergessen, der Pflegende gehe über seine Grenzen. „Wer pflegt, übernimmt Verantwortung. Man denkt “ich muss„“, weiß die Expertin.

Hinzu komme eine Ambivalenz, die aus der emotionalen Seite der Angehörigenpflege erwachse. Den Vater, das eigene Kind, die Großeltern zu pflegen bedeutet, in Rollen- und unter Umständen in Beziehungskonflikte zu geraten. Gerade in diesem Punkt unterscheidet sich die Pflege durch Nahestehende von der Pflege durch professionelle Pflegekräfte.

Professionelle Pfleger haben, sagt Grobholz, einen anstrengenden Beruf, müssen Überstunden machen, mehrere Schichten übernehmen. Sie haben jedoch nicht die inneren Konflikte oder Schuldgefühle, unter denen pflegende Angehörige leiden. Oft wollten die Pflegebedürftigen keine professionelle Hilfe, sondern akzeptierten nur den Angehörigen für die Körperpflege oder das Kochen, berichtet die Fachfrau. (00/1455/10.05.2024)