Hamburg. „Wir kennen die Situation jetzt schon aus dem ersten Lockdown“, erklärt Maren Schack, Pastorin in der Hamburger Hauptkirche St. Nikolai am Klosterstern. Sowohl ihr Mann als auch sie haben eine volle Pastorenstelle. Die drei Kinder sind 16, 10 und 8 Jahre alt und brauchen viel Ansprache. Da kommt es auch mal vor, dass das Telefon mit einem dringenden Fall von Seelsorge klingelt und gleichzeitig die Kinder eine Frage haben.
„Vieles passiert in unserem Beruf unvorhersehbar“, sagt Maren Schack. Sie seien aber in ihrem Familienalltag so eingespielt, dass solche Situationen gut gelöst werden könnten. „Wenn ich höre, dass ich dringend in der Gemeinde gebraucht werde, gebe ich meinem Mann ein Zeichen, dass ich gerade nicht kann, dann übernimmt er. Das funktioniert auch umgekehrt, da haben wir schon eine eigene Gestensprache.“
Jonglieren mit der Zeit, ruhige Räume schaffen, dem Beruf und der Familie gerecht werden – das führt zu zusätzlicher Belastung. „Wir merken alle die Anspannung“, sagt Maren Schack, „aber wir können die Prioritäten kollegial abwägen, und das funktioniert. Jeder kennt die Arbeitsfülle des anderen.“
Imke Sander hat auch drei Kinder, elf, neun und vier Jahre alt, und ist Pastorin an der Christuskirche in Eidelstedt. Ihr Mann arbeitet im Homeoffice und hat kaum Spielraum für Privates. Bei Pastorin Sander kommen die Anforderungen von allen Seiten. „Wenn man in seiner Kirchengemeinde wohnt, wird man sehr oft angesprochen“, erklärt sie. Zusätzlich probiert sie neue Formate aus, um trotz der Distanz für ihre Gemeinde da zu sein. „Ich habe beispielsweise ein digitales Escape-Game entworfen und Lern-Stationen für die Konfirmanden aufgebaut, damit sie nicht nur am PC sitzen.“ Predigten für den Livestream-Gottesdienst, telefonische Betreuung ihrer Gemeindemitglieder, spontane Betreuung in seelischen Notfällen – oft arbeite sie auch nachts.
Denn zusätzlich hat die Familie Bedürfnisse. „Im Moment bin ich Lehrerin, Kindergärtnerin, Putzfrau, Pastorin und Köchin“, fasst Sander die Mehrfachbelastung zusammen. Dazu komme, dass auch die Kinder seelisch angespannt seien, weil sie ihre Freunde und Kontakte vermissten. „Da werde ich zur Seelsorgerin bei den eigenen Kindern.“ Jedoch würden sie auch viele Dinge abseits der Schule lernen, die wertvoll seien. „Ich koche gern, und auch die Kinder machen zuweilen das Essen, das macht uns Spaß.“
Moralische Unterstützung
Georg Knauer ist Pastor in St. Johannis in Eppendorf. Seine Kinder sind in der zehnten und in der elften Klasse, die älteste Tochter hat 2020 Abitur gemacht. „Meine Älteste wollte eigentlich für ein Jahr in die USA, jetzt ist sie bei uns“, erzählt der Pastor. Seine Frau sei auch berufstätig. „Dadurch waren die Übergänge zwischen Familie und Beruf bei uns immer schon fließend.“ Die Kinder, die per Homeschooling unterrichtet werden, säßen von früh bis spät am Laptop. „Im Vordergrund stehen da technische Probleme, wenn das Internet nicht funktioniert oder sich Dateien nicht hochladen lassen. Wir haben sie anfangs in den Konfirmandensaal im Pastorat gesetzt, damit sie die Klassenraumatmosphäre haben.“ Wichtig sei jetzt vor allem die moralische Unterstützung. „Die Hauptaufgabe war es, eine feste Struktur in den Tag zu bringen.“
Dennoch, so alle drei Theologen, gehe es ihnen vergleichsweise gut. Dadurch, dass sie keine beruflichen Ängste haben müssten und sich in guten Wohnsituationen befänden, seien sie sehr privilegiert.