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Wenn das Zuhause zur Gefahrenzone wird

Das Frauenhaus Soest in Trägerschaft der Evangelischen Frauenhilfe in Westfalen verfügt über 20 Plätze für Frauen mit ihren Kindern. Vergangenes Jahr betreute das Team 54 Frauen und 80 Kinder. Doch der Bedarf ist größer. Nicht jede findet hier Zuflucht

Häusliche Gewalt, wie auf diesem Foto nachgestellt, erleben viele Frauen
Häusliche Gewalt, wie auf diesem Foto nachgestellt, erleben viele Frauenepd-bild: imageBROKER

Soest – „Tut mir leid, aber bei uns ist derzeit nichts frei.“ Diesen Satz hat Sabine Emming zu oft im letzten Jahr sagen müssen. Die Leiterin des Soester Frauenhauses und ihr Team haben zumeist jedoch noch eine Alternative finden können, und die Anfragenden in andere Einrichtungen vermitteln können. Diese Situation setzt sich auch in diesem Jahr weiter fort. Soeben ist noch ein Platz frei geworden, aber meistens ist das Frauenhaus voll belegt.

20 Plätze für Frauen und ihre Kinder

Das Frauenhaus Soest gibt es seit 1990, ist in Trägerschaft der Evangelischen Frauenhilfe in Westfalen e.V. und verfügt über 20 Plätze für Frauen und ihre Kinder, genauer für acht Frauen mit ihren Kindern. Es bietet Frauen und ihren Kindern, die von häuslicher Gewalt betroffen sind, eine geschützte, anonyme Wohnmöglichkeit, Beratung und Begleitung während des Trennungsprozesses. Im Frauenhaus arbeiten eine Hauswirtschafterin, eine Erzieherin und drei Sozialarbeiterinnen in Voll- oder Teilzeit.
Im Jahr 2017 wurden insgesamt 54 Frauen und 80 Kinder betreut, erzählt die 42-jährige Sozialpädago­gin. „Tendenz steigend“, hieß es schon im Jahr zuvor: Zuflucht und professionelle Unterstützung im Frauenhaus fanden 44 Frauen und 53 Kinder. Aktuell beherbergt die Einrichtung überwiegend Frauen mit Migrationshintergrund. Der überwiegende Teil der Frauenhausbewohnerinnen ist  zwischen 20 und 35 Jahre alt.

Ambulante Beratung in Krisensituationen

Beeindruckend sei die Stärke der Frauen, betont die Mutter dreier Kinder, die seit einem Jahr das Frauenhaus leitet. „Mit zunehmender Zeit im Haus ist zu spüren, wie sie sich verändern, wie sie mit neu erwachendem Selbstbewusstsein die nächsten Schritte planen.“ Jede Frau, die ins Frauenhaus zieht, habe ein ganz individuelles Schicksal. Manche bleiben wenige Stunden, andere bleiben Wochen oder mehrere Monate. Gewalttätige Männer sind zumeist nur ein Teil des Problems. Viele haben Schulden, sind finanziell oder mental abhängig, andere sind bereits traumatisiert. Manche gehen irgendwann zu ihren Männern zurück, andere schaffen es, sich mit Unterstützung der Frauenhaus-Mitarbeiterinnen, manchmal auch mit Hilfe eines Anwaltes, ein neues, unabhängiges Leben aufzubauen. Im ersten Anlauf gelingt dies jedoch nicht vielen von häuslicher Gewalt betroffenen Frauen. Einige kehren drei oder vier Mal zu ihren Männern zurück. Die Gründe dafür sind vielfältig.
Für akute Krisensituationen ist das Frauenhaus auch durch eine ambulante Beratung an der Seite der Frauen. Ein Telefongespräch unter der Rufnummer (0 29 21) 1 75 85 gewährleiste die Kontaktaufnahme. Mit Blick auf die Frauen, die von häuslicher Gewalt betroffen sind, sei auch die Internetseite überarbeitet worden. Unter www.frauenhaus-soest.de sei sofort zu erkennen, wo noch Platz für sie und ihre Kinder sei und was sie zu bedenken habe.

Küche kommunikatives Zentrum im Frauenhaus

Im Frauenhaus sei das kommunikative Zentrum wie in vielen anderen Lebenszusammenhängen die Küche. Dort treffen sich die Frauen, essen freitags zusammen, lachen und weinen gemeinsam. Doch das Inventar ist in die Jahre gekommen. „Seit Ende letzten Jahres haben wir viele Spenden für eine neue Küche erhalten – dafür sagen wir von ganzem Herzen Danke“, freut sich Emming. „Bislang haben wir dadurch bereits eine halbe Küche zusammen – die andere Hälfte fehlt uns noch.“ Bis zum Sommer soll das Projekt  „neue Küche“ konkret umgesetzt werden.