Für die Aktivistinnen und Aktivisten liegen die Dinge recht einfach: Die reichen Industrieländer haben die Klimakrise verursacht – und sollen jetzt auch für die Kosten aufkommen. „Zahlt Eure Klimaschulden“, steht auf den Bannern, die sie bei einer Protestaktion auf der Weltklimakonferenz in Baku hochhalten.
Komplizierter wird es hinter den Kulissen, in den Verhandlungszimmern im Olympiastadion der aserbaidschanischen Hauptstadt. Dort wurde am Mittwoch weiter gerungen um die zukünftigen Klimahilfen für einkommensschwache Länder. Und die Entwicklungsländer fordern deutlich mehr Geld als die jährlichen 100 Milliarden US-Dollar, die ihnen die Industriestaaten bis 2025 zugesagt hatten.
Eine Einigung ist bisher nicht in Sicht. Ein ursprünglich für den Morgen erwarteter Textentwurf zum neuen Finanzziel verzögerte sich zunächst. Laut dem aserbaidschanischen Chef-Verhandler Yalchin Rafiyev sollte er in der Nacht auf Donnerstag kommen.
Als einer der wesentlichen Knackpunkte in den Verhandlungen gilt die Frage, welche Länder in Zukunft für Beiträge in die Pflicht genommen werden. Die westlichen Industrieländer wollen, dass sich mehr Länder, etwa China und die Golfstaaten, beteiligen – und verweisen auf deren hohen Treibhausgasemissionen und die entsprechende Wirtschaftskraft. Doch bisher ist das nicht in Sicht.
Die historischen Hintergründe des Streits reichen weit zurück. Bei der Unterzeichnung der UN-Klimarahmenkonvention (UNFCCC) im Jahr 1992, die bis heute eine der wichtigsten völkerrechtlichen Grundlagen der internationalen Klimapolitik ist, wurden China und Länder wie Saudi-Arabien oder Katar als Entwicklungsländer behandelt. Diese Aufteilung wirkt in den UN-Klimaverhandlungen bis heute fort, obwohl die wirtschaftliche Ausgangslage sich in den mehr als drei Jahrzehnten stark verändert hat.
Darauf verwies auch die Klimasonderbeauftragte der Bundesregierung, Jennifer Morgan, am Mittwoch im Plenum der Konferenz abermals. Deutschland bleibe bei der Klimafinanzierung seinen Versprechen verpflichtet, sagte sie. Doch alle müssten nun Verantwortung übernehmen – „transparent und insbesondere entsprechend ihrer wirtschaftlichen Stärke im Hier und Jetzt“.
Den Bedarfen von heute könne nicht mehr mit den Rezepten aus den 1990er Jahren begegnet werden, unterstrich Morgan, die stellvertretend für die erkrankte Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) sprach.
Doch die Einigung auf ein neues Klimafinanzierungsziel ist nicht nur wegen des Streits über die zukünftigen Geber schwierig. Stark umstritten ist auch der zukünftige Umfang der Klimahilfen, im Jargon der Konferenz ist hier vom „Quantum“ die Rede.
Vertreterinnen und Vertreter von Entwicklungsländern bekräftigen kurz vor dem Endspurt in Baku noch einmal ihre Forderung nach einer deutlichen Aufstockung der bisherigen Mittel. Der Bedarf in Afrika und anderen Entwicklungsländern liege bei jährlich 1,3 Billionen Dollar, sagte etwa Kenias Klimabeauftragter Ali Mohamed bei einer Pressekonferenz und sprach von einer „klaren Verpflichtung“, die Entwicklungsländer bei der Bewältigung der Klimakrise zu unterstützen.
Die westlichen Industrieländer hingegen haben eine eigene Vorstellung für eine Zielsumme noch nicht öffentlich kommuniziert. Bis zu einer Einigung zum offiziellen Konferenzende am Freitag bleibt nicht mehr viel Zeit.