Der Weltkirchenrat möchte wegen des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine einen Dialog mit den orthodoxen Kirchen beider Länder starten. Vertreter der Orthodoxie aus der Ukraine, Russland und anderen Kirchen sollten an einem runden Tisch zusammengebracht werden, teilte der Generalsekretär des Ökumenischen Rats der Kirchen (ÖRK), Jerry Pillay, in Rom mit. Zusammen mit dem Moderator des Zentralausschusses des Weltkirchenrats, Heinrich Bedford-Strohm, war Pillay zum Antrittsbesuch bei Papst Franziskus.
Das Oberhaupt der russisch-orthodoxen Kirchen, Patriarch Kyrill, hat mehrmals offen den russischen Überfall auf die Ukraine gutgeheißen. Kyrill gilt als Verbündeter des russischen Machthabers Wladimir Putin. Die russisch-orthodoxe Kirche ist die mitgliederstärkste der 352 ÖRK-Mitgliedskirchen. Im ÖRK ist die russisch-orthodoxe Kirche wegen ihrer Position isoliert.
Gespräche im Hintergrund
„Uns beschäftigt als Kirchen schon die ganze Zeit, wie wir als Kirchen hilfreich sein können. Wir als Kirchen sind über die nationalen Trennlinien hinaus Gemeinschaft“, sagte Bedford-Strohm dem Evangelischen Pressedienst (epd) nach dem Treffen mit Papst Franziskus. Deswegen habe es schon die ganze Zeit im Hintergrund immer wieder Kontakte gegeben, ein runder Tisch mit allen Kirchen sei aber zuvor nicht zustande gekommen.
Auch mit Blick auf die Kirchenlandschaft in der Ukraine fänden derzeit „komplexe und schwierige Hintergrundgespräche“ statt, um den runden Tisch möglich zu machen, sagte der bayerische Landesbischof. „Wir setzen darauf, dass die russisch-orthodoxe Kirche und die ukrainischen Kirchen dazu bereit sind.“ Wenn die Gespräche erfolgreich seien, könne man einen runden Tisch im Mai abhalten.
Papst Franziskus habe die Idee positiv zur Kenntnis genommen. Er sei genau wie der Weltkirchenrat auch von dem tiefen Willen geprägt, diese Gewalt endlich zu überwinden, betonte Bedford-Strohm. „Wir beten gemeinsam, kontinuierlich für die Überwindung der Gewalt – dort in der Ukraine, aber auch in all den anderen Kriegen der Welt.“
“Aufgeschlossener, ökumenischer Geist”
Bedford-Strohm sprach auch über den „aufgeschlossenen, ökumenischen Geist“, den Papst Franziskus in den Gesprächen mit dem Weltkirchenrat verbreitet habe. Der Theologe sprach von einer „Ökumene des Herzens“. Dies sei ein Schlüsselbegriff für die Zukunft.
„Ökumene des Herzen“ heiße, dass vor allen theologischen Debatten die Erkenntnis stehe, dass man in Jesus Christus und dadurch in Herz und Seele verbunden sei. „Das spüre ich bei Papst Franziskus sehr stark“, sagte Bedford-Strohm. „Wenn wir über die theologischen Fragen diskutieren, müssen wir in der Zukunft immer wieder an die ‘Ökumene des Herzens’ erinnern und daran, dass Jesus Christus uns nicht spaltet.“ Manchmal lasse man in theologischen Dialogen diesen Gedanken hinter sich und sei nur an bestimmten Traditionselementen der eigenen Konfession orientiert. Das müsse aufhören.
Die protestantischen, anglikanischen, orthodoxen und anderen Kirchen des Rates mit Sitz in Genf vertreten 580 Millionen Gläubige. Die katholische Kirche ist kein ÖRK-Mitglied. Bedford-Strohm ist seit 2022 Moderator, Pillay übernahm die Position des Generalsekretärs Anfang 2023.