Die Überlegungen aus der FDP-Bundestagsfraktion zur Abschaffung des Entwicklungsministeriums ernten weiter Kritik. Hilfsorganisationen wiesen den Vorstoß am Mittwoch scharf zurück. Fachleute sehen zwar mehr Koordinationsbedarf bei der Auslandshilfe, warnen jedoch vor einem Reputationsverlust. FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai möchte in dem Vorschlag derweil keine grundsätzliche Infragestellung der Entwicklungszusammenarbeit sehen.
Das Nachrichtenportal „Politico“ hatte am Dienstag ein internes FDP-Papier veröffentlicht, das den Vorschlag zur Abschaffung des Entwicklungsministeriums enthält. Mittelfristig solle das Ministerium „mit seinen erheblichen Ressourcen als Instrument der Außenpolitik verstanden und konsequenterweise ins Auswärtige Amt eingegliedert werden“, heißt es darin.
Der Generalsekretär der Welthungerhilfe, Matthias Mogge, sprach von einem Vorschlag aus der „Mottenkiste“. Natürlich sei es wichtig, im Ministerium klare Anstrengungen für Effizienz und Wirkung fortzuführen. Dafür brauche es aber keine Auflösung und Verlegung in ein anderes Ministerium, sagte Mogge dem „RedaktionsNetzwerk Deutschland“ (Mittwoch).
Misereor-Geschäftsführer Bernd Bornhorst sagte der „Neuen Osnabrücker Zeitung“, der Vorschlag der FDP sei ein weiteres Beispiel dafür, wie unter dem Vorwand von Effizienzsteigerung und knappen Mitteln versucht werde, wichtige Politikbereiche „abzuräumen“, die Teilen der Partei nicht in ihr Weltbild passten. Kritik kam auch von den Koalitionspartnern SPD und Grüne sowie der Union und der Linken.
FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai verteidigte den Vorschlag. In anderen europäischen Staaten sei die Außen- und Entwicklungspolitik integriert in einem Ministerium, sagte er dem Nachrichtensender Welt TV. Eine Zusammenführung heiße nicht, dass Aufgaben wegfallen. „Und das heißt auch nicht, dass eine Wertschätzung gegenüber dem jetzigen Entwicklungsministerium nicht existiert“. Bei der Debatte geht es laut Djir-Sarai auch nicht darum, einen Sparvorschlag für die laufenden Haushaltsverhandlungen zu machen.
Im vom Bundeskabinett verabschiedeten Haushaltsentwurf 2025 sind für das Entwicklungsministerium Kürzungen in Höhe von knapp einer Milliarde Euro vorgesehen. FDP-Parteichef und Finanzminister Christian Lindner hatte die Ausgaben des von SPD-Politikerin Svenja Schulze geführten Hauses wiederholt kritisiert.
Einwände gegen eine Auflösung des Entwicklungsministeriums kommen auch von Fachleuten. Es sei nicht sinnvoll, die Entwicklungszusammenarbeit anderen außenpolitischen Interessen unterzuordnen, sagte der Politikwissenschaftler Stephan Klingebiel dem Evangelischen Pressedienst (epd). Studien legten nahe, dass sich die Reputation und der Einfluss etwa Deutschlands in der Welt durch die Eigenständigkeit der Entwicklungspolitik verbessern können, sagte der Leiter des Forschungsprogramms Inter- und transnationale Zusammenarbeit am außeruniversitären Idos-Institut in Bonn. Zugleich brauche es mehr Koordination bei der deutschen Auslandshilfe.
Der Politikwissenschaftler verwies auch auf Großbritannien, wo das Entwicklungsministerium 2020 unter dem ehemaligen Premierminister Boris Johnson mit dem Außenministerium zusammengelegt wurde. Das sei mit enormen Problemen einhergegangen und habe nicht zu einer effizienteren Politik geführt.