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Weiter Rätsel um hartgekochtes Ei in mittelalterlichem Grab

Warum legt man einem fünfjährigen Jungen ein hartes Ei ins Grab? Die Antwort darauf haben Fachleute bisher nicht gefunden. Es gibt aber eine Mutmaßung.

Zehn Jahre ist es her, dass Archäologinnen und Archäologen bei einer Grabung im Landkreis Erding auf ein gut fünf Zentimeter großes hartgekochtes Hühnerei stießen. Es fand sich im Grab eines etwa fünfjährigen Jungen, der im Frühmittelalter in Langenpreising beigesetzt worden war. Das Geheimnis um diese Beigabe sei bis heute nicht gelüftet, teilte das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege am Mittwoch in München mit. Neben dem Ei hätten die Forschenden eine für das 7. Jahrhundert typische Ausrüstung aus Waffen und Gürtel entdeckt. In Bayern seien nur wenige Kindergräber mit Totengaben dieser Art bekannt.

Die frühesten archäologischen Belege für Eierbeigaben stammen laut Mitteilung aus italienischen Gräbern aus dem 5. Jahrhundert vor Christus. Neben Hühner- und Gänseeiern seien den Verstorbenen auch künstliche Eier aus Ton und Bronze mitgegeben worden. Ganz besondere Funde stellten bemalte Eier dar, etwa die bunten Gänseeier aus dem 4. Jahrhundert, die in einer Begräbnisstätte bei Köln gefunden wurden. Sie könnten, heißt es, als Gericht fürs Jenseits gedacht gewesen sein oder zur Herstellung von Kosmetik.

“Welcher Brauch unserem bayerischen Hühnerei zugrunde liegt, ist noch offen”, erklärt Jochen Haberstroh vom Landesdenkmalamt. Sicher sei, dass das Ei eine besondere symbolische Bedeutung für die Angehörigen des Verstorbenen gehabt habe. Seine Lage im Bauchbereich könnte auf eine Speisebeigabe hinweisen. Vor allem Kindern seien im Frühmittelalter die Speisen in dieser Position mitgegeben worden.

Je nach Kulturkreis hätten Eier eine unterschiedliche Bedeutung, heißt es. Im Christentum stellten sie ein Symbol für Wiedergeburt und Auferstehung dar, in Gräbern junger Frauen würden sie als Zeichen der Fruchtbarkeit gedeutet. Das Hühnerei aus Langenpreising wurde den Angaben zufolge mit den anderen Funden in der Restaurierungswerkstatt des Landesdenkmalamts konserviert.