Karlsruhe (epd). Auf den ersten Blick scheint der Name des Schmetterlings des Jahres 2021 nicht so recht zu seinem Namen zu passen. Der «Braune Bär» gehört mit 65 Millimetern Spannbreite der Flügel zwar zu den größeren Nachtfaltern, von der Statur eines Bären ist er jedoch weit entfernt. «Der Name 'Brauner Bär' leitet sich vom Aussehen der erwachsenen Raupe ab», sagt der Entomologe Robert Trusch vom Staatlichen Museum für Naturkunde in Karlsruhe. Im Insektensaal des Museums ist ein Exemplar von «Arctia Caja», so der lateinische Name des «Braunen Bären», zu sehen.
Tatsächlich lassen die rostroten bis schwarz-braunen Haare der Raupen des «Braunen Bären» an einen Bärenpelz denken. Aus dem «Pelz» der jungen Raupe leuchten gelbe Längslinien, im Erwachsenenalter ragen vorne und seitlich weiße Knopfwarzen heraus. Auch ihre «etwas unbeholfen wirkende Gangart» erinnert laut dem Insektenkundler Thomas Marktanner an «die eines Braunbären».
Die Flügel des «Braunen Bären» haben – geschlossen – eine mosaikartige weiß-braune Musterung, die in der Natur – wie bei Zebras – optisch körperauflösend wirkt und somit eine gute Tarnung ist. Nur im Flug oder bei Gefahr zeigt er seine wehrhaften, orange-roten Hinterflügel mit den großen schwarz-blauen Punkten. Nähert sich etwa ein Vogel, öffnet der Schmetterling blitzschnell die Hinterflügel und
verwirrt damit den Angreifer. Die Leuchtfarbe warnt zugleich vor der Ungenießbarkeit des Falters, denn die Körperflüssigkeit des «Braunen Bären» ist giftig.
Wegen der nachtaktiven Lebensweise des Schmetterlings bekommt der Mensch eher die Raupen als den Falter zu Gesicht. Im August schlüpfen die Raupen, wachsen bis zum Frühjahr und suchen einen Verpuppungsplatz. Die Flugzeit der Schmetterlinge ist dann im Jahr darauf von Ende Juni bis Mitte August.
Die Wandlung von der Raupe in einen Schmetterling gilt in der christlichen Symbolik als Auferstehungssymbol. In der griechischen Antike war sie das Sinnbild für Wiedergeburt. Schmetterlinge sind daher auf vielen Grabmalen zu sehen. In asiatischen Religionen werden sie als Unglücksboten, teilweise aber auch als Zeichen des Neubeginns gesehen.
Um sich wohlzufühlen, braucht der «Braune Bär» ökologisch vielfältige Räume wie Waldränder, Moore oder Magerwiesen. Sein Auftreten gilt somit als Indikator für eine biologisch intakte Natur. «Im Schwarzwald, an den Rändern extensiv bewirtschafteter Weiden und Wiesen, dürften Raupen und Falter des 'Braunen Bären' an Büschen, Hecken und Sträuchern zu finden sein, in stark landwirtschaftlich genutzten Gegenden eher nicht», sagt Angela Koch vom Bund für Umwelt und Naturschutz Baden-Württemberg (BUND) in Stuttgart.
Bis vor 20 Jahren habe der «Braune Bär» zu den weit verbreiteten Schmetterlingen in Mitteleuropa, Asien und Nordamerika gezählt, erklärt Koch. Seither nehme das Vorkommen ab. Der Schmetterling des Jahres 2021 steht auf der Vorwarnliste bedrohter Tiere. Ursächlich für den Rückgang seien Lichtverschmutzung, eine intensive Landwirtschaft, der Wegfall von Hecken und Sträuchern sowie der Flächenverbrauch.
Vor allem die nächtliche Beleuchtung von Siedlungen machten «Arctia Caja» zu schaffen, sagt die Naturschützerin. Wenn es nie Nacht werde, würden sich nachtaktive Insekten zur falschen Zeit oder gar nicht paaren. Oder sie schwirrten «orientierungslos um die künstliche Lichtquelle, bis sie erschöpft zusammenbrechen».