Gottesdienst am 4. Advent – was sonst eine Selbstverständlichkeit ist, wirft in diesem Jahr Fragen auf: Es kommen ja am Nachmittag noch bis zu vier Heiligabend-Gottesdienste dazu, vielleicht sogar noch eine Christmette um 23 Uhr. Lässt man da den Sonntagsgottesdienst am Morgen nicht besser weg?
Ja, findet Pfarrerin Ramona Winkler-Rudzio aus Lüdenscheid. „Im Presbyterium waren wir uns einig: Morgens sind die Leute so mit sich beschäftigt, da kommt sicher keiner.“ Zwar findet nachmittags nur eine Christvesper in der kleinen Johanneskirchengemeinde statt; dazu kommt aber noch ein Weihnachtsliedersingen mit dem Posaunenchor und eine Weihnachtsessen. Das Krippenspiel, das sonst am 4. Advent stattfindet, wurde diesmal einen Sonntag nach vorn verschoben und zu einem Kinderbibeltag ausgebaut. „Wir haben uns gedacht, dass wir so die meisten Leute erreichen“, erklärt Winkler-Rudzio.
Auch Pfarrer Marco Beuermann aus Rheda-Wiedenbrück sieht die Frage pragmatisch. „Die Erfahrung zeigt doch, dass zu solchen Gottesdiensten nur einige Hartgesottene kommen, und die auch nur aus Pflichtbewusstsein“, meint er. Die große Gesamtgemeinde biete zu Heiligabend rund 20 Gottesdienste an. „Da muss nicht unbedingt auch vormittags noch einer sein“, findet Beuermann. Auch mit Blick auf die anderen beteiligten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter: „Unsere Küsterin oder der Organist müssten dann ja von morgens 10 Uhr bis nachts nach 12 praktisch durcharbeiten. Das kann man doch niemandem zumuten.“ Beuermann selbst feiert schon morgens um 11 den ersten Weihnachtsgottesdienst als Krabbelgottesdienst für Familien – und einige weitere Gemeindeglieder. „Da kommen auch ältere Gemeindeglieder. Die finden das süß mit den Kindern.“
Pfarrerin Jutta Schorstein aus der Evangelischen Kirchengemeinde Warstein hat eine andere Haltung. „Wir feiern am 4. Advent vormittags Gottesdienst, weil der Sonntag eigentlich ein höherer Festtag ist als Heiligabend“, erklärt sie. „Für mich ist das ganz wichtig.“ Also lädt sie am 4. Advent um 9.30 Uhr in die katholische St. Nikolaus-Kirche in
Rüthen ein, wo die Gemeinde zu Gast ist. Und sie ist überzeugt davon, dass es ausreichend Interesse gibt – zum einen, weil die Christvesper am Nachmittag als Familiengottesdienst gestaltet wird, und außerdem, weil ältere Gemeindeglieder lieber bei Tageslicht zur Kirche gehen. Allerdings ist ihre Gemeinde im Kirchenkreis Paderborn die einzige, die am 24. Dezember noch einen Adventsgottesdienst anbietet.
Von Seiten der Kirchenordnung steht nichts dagegen, den Gottesdienst zum 4. Advent ausfallen zu lassen – das hatte Landeskirchenrat Vicco von Bülow schon Anfang November klargestellt. Es sei Sache des Presbyteriums, diese Frage zu entscheiden. Von Bülow selbst hat dazu eine klare Meinung: „Ich halte es für nicht nur vertretbar, sondern auch sinnvoll, an diesem Tag keinen Sonntagvormittagsgottesdienst anzubieten, sondern sich gottesdienstlich auf den Heiligabend zu konzentrieren“, schrieb er auf Nachfrage.
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Was tun mit dem 4. Advent?
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© epd-bild / Cathia Hecker