Artikel teilen:

Wandern auf den Spuren des Malers

Er hat die Natur geliebt und gesucht, vor allem die Stille darin. In der Sächsischen Schweiz fand der berühmte Romantikmaler Caspar David Friedrich (1774-1840), dessen Geburtstag sich am 5. September zum 250. Mal jährt, Inspiration. Bizarre Sandsteinfelsen, hoch aufragende Fichten, knorrige Eichen – all das wurde Teil seiner Bilder und zahlreichen Skizzen. Ein besonderer Wanderweg in der Sächsischen Schweiz lädt ein, die Landschaft mit den Augen des Malers zu entdecken und seine Lieblingsorte zu besuchen.

Zum Jubiläum in diesem Jahr wurde die etwa 15 Kilometer lange Strecke mit zwölf Hinweistafeln ausgestattet. Ein Höhepunkt des Caspar-David-Friedrich-Weges ist der originale Schauplatz seines berühmten Gemäldes „Wanderer über dem Nebelmeer“ (1818), der sich am Fuße des Tafelbergs Kaiserkrone befindet.

Es ist ein kleiner unscheinbarer Platz, an dem Wandernde wohl vorbeigehen würden, wäre da nicht ein Hinweisschild. Am Rand ragt der berühmte, nicht allzu hohe Felsen empor, auf dem der Wanderer im Friedrich-Gemälde steht. Auf der Tafel sind Fotos von dem berühmten Bild und von der 1813 entstandenen Bleistiftzeichnung „Felsige Kuppe“, die als Vorlage diente.

Friedrich malte mit Pinsel und Farben in seinem Dresdner Atelier, detailgetreue Skizzen von Bäumen oder Felsen aber habe er auf Wanderungen mit Bleistift festgehalten, sagt die Dresdner Kunsthistorikerin Petra Kuhlmann-Hodick. Sie ist einer der Kuratoren der Friedrich-Ausstellung „Wo alles begann“, die vom 24. August an in Dresden zu sehen ist.

Kuhlmann-Hodick findet es „bemerkenswert“, dass er sehr oft Details ganz genau skizziert hat, etwa Verästelungen von Bäumen oder auch Felsstrukturen. Die Naturempfindung als Quelle der Erkenntnis, das sei für den melancholischen Maler zeitlebens ein bestimmendes Thema gewesen. Einsamkeit und Stille hätten ihm dabei geholfen, Natur und Landschaft nicht nur zu sehen, sondern auch zu spüren. Seine Werke inszenierte er oft in der Dämmerung oder im Mondlicht.

Der 1774 in Greifswald geborene Friedrich lebte die längste Zeit seines Schaffens in Dresden, von 1789 bis zu seinem Tod 1840. Die etwa 30 Kilometer entfernte Sächsische Schweiz besuchte er etliche Male. Fast 20 Aufenthalte sind heute bekannt.

Eine wesentliche Rolle spielte das beschauliche Dorf Krippen, wo er mehrfach zu Gast war, 1813 sogar mehrere Monate. Der patriotische Maler suchte im Haus seines Freundes Friedrich Gotthelf Kummer (1782-1854) Zuflucht vor dem Kriegsgeschehen und den Truppen Napoleons. Seit kurzem erinnert in Krippen eine Sandstein-Stele an den berühmten Gast. Sie markiert auch den Start des Caspar-David-Friedrich-Weges.

Die Felsenwelt der Sächsischen Schweiz war für Friedrich, der als Künstler kurz nach seinem Tod etwa zwei Generationen lang vollkommen vergessen war, Sehnsuchtsort, Inspiration und Zuflucht zugleich. In einer aus den Fugen geratenen Welt suchte der Maler mit dem markanten Backenbart die Einsamkeit: „Ich muss allein bleiben und wissen, dass ich allein bin, um die Natur vollständig zu schauen und zu fühlen“, schrieb er 1821. Weiter heißt es: „Ich muss mich dem hingeben, was mich umgibt, mich vereinigen mit meinen Wolken und Felsen, um das zu sein, was ich bin.“

Die Projektmanagerin vom Tourismusverband Sächsische Schweiz, Nicole Hesse, sagt, manches im Elbsandsteingebirge sehe noch immer so aus wie zu Zeiten des Malers, anderes habe sich verändert. Sie nennt die angelegten Wanderwege, die es bei Friedrich noch nicht gegeben habe. Auch etwa die Landschaft um den Felsen des Nebelmeer-Wanderers sieht heute anders aus. „Diese hohen Bäume gab es damals dort noch nicht“, sagt sie.

Hesse vermutet, dass den Maler an der Sächsischen Schweiz die raue Felsenwelt, das Unergründliche und die unberührte Landschaft angezogen hat. Diese Natur war so ganz anders als die seiner norddeutschen Heimat mit Ostsee und der Insel Rügen, wo er ebenfalls oft gemalt hat, ebenso wie im Harz oder im Riesengebirge.

Doch im Kriegsjahr 1813 friedvolle Landschaftsimpressionen schaffen, das fiel dem sensiblen Maler offenbar auch schwer: „Ich habe schon länger als 14 Tage Dresden verlassen und lebe hier in einer sehr angenehmen Gegend“, hielt er in einem Brief fest. Die Ereignisse der Zeit hätten aber sein „Gemüth so ganz verstimmt“ und ihn unfähig gemacht, etwas zu beginnen. Schließlich zeichnete er am 1. Juni 1813 eine Baumgruppe in sein Skizzenbuch und schrieb auf das Blatt: „nach langer Zeit das erste gezeichnet“.

Einen Ausflug in die Sächsische Schweiz empfiehlt auch die Kuratorin Kuhlmann-Hodick, ganz besonders nach einem Besuch der Dresdner Jubiläumsschau. Die unmittelbare Nähe seines Schaffens zur Natur sei kaum besser nachvollziehbar als nach dem Blick auf die originalen Werke, die sonst in den Museen verstreut sind.