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Wahlergebnis in Rumänien bestätigt – Rechtspopulist in Stichwahl

Reichlich Unstimmigkeiten gab es um die Präsidentenwahl in Rumänien. Das Verfassungsgericht hat diese nun vorerst ausgeräumt und das Ergebnis bestätigt. Am kommenden Sonntag geht es in die Stichwahl.

Der rumänische Wahlkrimi geht in sein nächstes Kapitel. Nach dem Überraschungssieg des Rechtsradikalen Calin Georgescu bei der Präsidentenwahl vor einer Woche und der angeordneten Neuauszählung der Stimmen hat das Verfassungsgericht am Montag das Ergebnis bestätigt. Damit steht Georgescu am kommenden Sonntag in der Stichwahl der liberalkonservativen Kandidatin Elena Lasconi gegenüber.

Von zwei Prozent in Umfragen auf 22 Prozent im ersten Wahldurchgang: Seit einer Woche rätseln Rumänen und Politologen, wie ein weitgehend unbekannter Kandidat mit einer TikTok-Kampagne den ersten Platz holen konnte. Die Frage beschäftigt auch die Behörden: Neben der Wahlkommission, die auf Beschwerde zweier unterlegener Kandidaten die Stimmzettel des ersten Durchgangs neu auszählte, auch den nationalen Sicherheitsrat und die Finanzpolizei.

Georgescu hatte die Ausgaben für seine Wahlkampagne mit “null” deklariert. Doch rumänischen Medien zufolge gab mindestens ein Influencer an, für Georgescu-Werbung bezahlt worden zu sein. Für Ministerpräsident Marcel Ciolacu, der bei der Präsidentenwahl auf Platz drei landete, ist die Sache klar: Georgescus Kampagne sei vom “Ausland finanziert”.

Die Spur führt nach Russland. Bereits vor dem Urnengang warnten Insider vor Internet-Propaganda durch russische “Trollfabriken”. “Ohne reflexhaft mit dem Finger nach Moskau zu zeigen, halte ich es für wahrscheinlich, dass zumindest ein Teil des Erfolges von Georgescu auf spezielle Einflussmaßnahmen im Social-Media-Raum zurückgeht”, sagt Katja Plate, Büroleiterin der Konrad-Adenauer-Stiftung in Bukarest.

Auf den Straßen Bukarests sorgte der unerwartete Aufstieg des Rechtsradikalen indes für Proteste. “Wir wollen Demokratie”, skandierten Studenten. Für sie gelte es nun, einen “Faschisten” im Amt zu verhindern, der Rumänien als proeuropäisches Land und loyalen NATO-Partner Richtung Moskau führen würde.

“Calin Georgescu bewundert offen die Führungsfiguren des rumänischen Faschismus, allen voran Marschall Ion Antonescu und Corneliu Zelea Codreanu, Führer der faschistischen Legionärsbewegung”, sagt Expertin Plate. Zudem betonte der studierte Agrarwissenschaftler Georgescu immer wieder, dass er sich nicht im Wahlkampf befinde, sondern eine göttliche Sendung umzusetzen habe. “Dabei geht ihm der christliche Wert der Bescheidenheit völlig ab”, so Plate.

Die Politkrise überschattete auch die Parlamentswahl am Sonntag. Daraus gingen die bisher regierenden Sozialdemokraten (PSD) als Sieger hervor, dicht gefolgt von der rechtsnationalen Allianz für die Vereinigung der Rumänen (AUR). Auf die AUR und andere rechte Parteien entfiel knapp ein Drittel der Stimmen.

Zwar hatten alle westlich orientierten Parteien eine Zusammenarbeit mit der AUR ausgeschlossen. Gerüchten zufolge kam es aber bereits im Vorfeld der Wahl zu Gesprächen zwischen Sozialdemokraten und Rechten. Möglich wäre derweil auch eine Koalition zwischen PSD und proeuropäischen Parteien, darunter die Union Rettet Rumänien (USR) von Präsidentschaftskandidatin Lasconi.

Auf Rumäniens EU- und NATO-Mitgliedschaft würde sich eine Regierungsbeteiligung der AUR ebenso verheerend auswirken wie eine künftige Georgescu-Präsidentschaft. Kreml-treue Kräfte mobilisierten in den vergangenen Wochen massiv anhand der Unsicherheit, die in Rumänien wegen des Ukraine-Kriegs herrscht.

Immer wieder landen hier russische Drohnen und Trümmerteile aus dem Nachbarland. Rumänien nahm Tausende ukrainische Flüchtlinge auf. Auch in puncto Militärhilfe erwies sich das Land als wichtiges NATO-Mitglied. Unter den Rechtsaußen-Politikern zeichnet sich eine Kehrtwende vom Westen ab. Oder wie Kreml-Loyalist Georgescu es nennt: die “Wiederherstellung der Würde des rumänischen Volkes”.

Georgescus Aufstieg gilt als Ohrfeige für etablierte Parteien, die viele Rumänen als korrupt ansehen. “Er gibt sich als unabhängiger, also technokratischer Kandidat, der keinerlei Partei angehört und somit für seine Wähler vor allem als anti-systemisch und anti-parteilich wirkt”, erklärt Roxana Stoenescu. Die Politologin setzt ihre Hoffnung auf Rumäniens proeuropäische Bewegung: “Wenn genug Leute mobilisiert werden, vor allem zur Wahl zu gehen, dann könnte man eine Chance haben, die Demokratie zu erhalten.”