14 Spreng- und 70 Brandbomben: Der Kölner Dom erlitt im Zweiten Weltkrieg schwere Schäden. “Erste-Hilfe-Reparaturen” kamen von amerikanischen und britischen Fachoffizieren.
Das nördliche Querschiff ohne Dach, zahlreiche eingestürzte Gewölbe, herausgeblasene Fenster – auch wenn am Ende des Zweiten Weltkriegs der Kölner Dom im Gegensatz zu vielen anderen Gebäuden der Stadt keine Ruine war, trug er doch viele Schäden davon. Während die notleidende Bevölkerung vor 80 Jahren einen Neuanfang in der Trümmerlandschaft suchte, kümmerten sich gleichzeitig weitgehend unbemerkt erst US-amerikanische und dann britische Offiziere darum, die Kathedrale sowie andere beschädigte Kölner Gebäude zu retten. Als “Monuments Men” gingen sie in die Geschichte ein.
Ihr Einsatz sei heute im öffentlichen Bewusstsein nahezu vergessen, schreibt der Historiker Jürgen Brautmeier in einem Beitrag für das jüngste “Kölner Domblatt”. In den Reihen der Besatzungsmächte habe es diese Fachoffiziere gegeben, deren spezielle Aufgabe es gewesen sei, historische Monumente und Kunst im Land des vormaligen Kriegsgegners zu sichern und zu bewahren. Der Dom sei ein anschauliches Beispiel dafür, was die Amerikaner unmittelbar nach ihrem Einmarsch und anschließend die Briten unternommen haben.
Durch Kulturkreise angeregt hatten Amerikaner und Briten bereits im Krieg Expertenkommissionen ins Leben gerufen, die sich für den Schutz von Kunstschätzen und historischen Bauten stark machten. Die Kommissionen erstellten Listen mit besonders schutzwürdigen Objekten, die den vorrückenden Truppen an die Hand gegeben wurden, um Schäden in Grenzen zu halten. Im Hauptquartier der Alliierten in Europa gab es zudem einen Stab von Kunstoffizieren, jeweils zur Hälfte Amerikaner und Briten, die nicht zur kämpfenden Truppe gehörten und als Berater fungierten. Diese Aufgabe wies ihnen ein Befehl von General Eisenhower vom 26. Mai 1944 zu, der mit Blick auf die historischen Bauwerke zudem festhielt: “Es liegt in der Verantwortung jedes Kommandeurs, diese Symbole zu schützen, wann immer dies möglich ist.”
Um in der Endphase des Krieges den Widerstandswillen der Bevölkerung zu brechen, wurden aber “unbestreitbar Kollateralschäden wie der Tod von Zivilisten und die Zerstörung von historischen Gebäuden bewusst in Kauf genommen”, wie Brautmeier schreibt. Die “Monument Men” seien beim Schutz gefährdeter Gebäude oft zu spät gekommen und hätten nicht mehr viel ausrichten können. Umso wichtiger sei deren Arbeit nach Einstellung der Kampfhandlungen gewesen.
Unmittelbar nach ihrem Einmarsch beauftragten die Amerikaner einen freien Architekten mit einem Gutachten über die zwölf wichtigsten Kirchen Kölns und den Dom, auf den 14 schwere Sprengbomben und 70 Brandbomben niedergegangen waren. Nach der Übernahme ihrer Besatzungshoheit ließen die Briten den damaligen Dombaumeister Willy Weyres eine Übersicht erstellen, welches Personal und Baumaterial für erste Maßnahmen an den zwölf Kirchen, dem Rathaus und anderen Bauten benötigt wird.
Als anstehende “Erste-Hilfe-Reparaturen” am Dom hielten die Amerikaner wenige Tage nach ihrem Einmarsch in die Stadt fest: “Reparatur der Dächer, Beseitigung von Trümmern und Einsammeln von Teilen von Ornamentsteinarbeiten”. Vor allem das Dach hatte zur Verhinderung weiterer Schäden oberste Priorität. Für die “Notbedachung” wurden mithilfe kanadischer Militärpolizisten in einem Walzwerk in Neuss Zinkbleche aufgespürt, mit denen die nicht mehr vorhandenen Bleibleche der Kathedrale ersetzt wurden. “Diese Notmaßnahme hatte lange Zeit Bestand und beschäftigte noch auf Jahre und Jahrzehnte hinaus die nachfolgenden Dombaumeister”, so Brautmeier. Erst Anfang der 2000er Jahre seien die letzten Bleche durch Bleiverkleidungen ersetzt worden.
Auch wenn es nach wie vor deutliche Kriegsspuren gibt: Heute sind die wichtigsten Kölner Kirchen und der Dom wiederhergestellt. Dennoch verdienten es die “Helfer der ersten Stunde”, nicht vergessen zu werden, betont Brautmeier. “Ohne ihre Erste-Hilfe-Maßnahmen wären manche Beschädigungen womöglich noch schlimmer geworden und manche Bauwerke unrettbar verloren gewesen.”