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Vom Grünen und Greinen

Das „grün“ im Gründonnerstag leiten viele Forscher vom Wort „greinen“ ab – was klagen oder weinen bedeutet. Doch auch die Farbe grün steht mit diesem speziellen Tag in Verbindung

Kathrin39 - Fotolia

Kräuter, Knospen, Salat: Dem ersten Grün des Jahres wohnt eine besondere Kraft inne, war man zu alten Zeiten überzeugt. So gab es auch am Gründonnerstag traditionell etwas Grünes zu essen. Doch eigentlich ist es ein Tag, der Trauer ankündigt.
Grün war schon immer eine Farbe mit besonderer Symbolkraft. Das zarte Grün des Frühlings steht für alles Neue, Junge und Frische. Aber wenn in der Woche vor Ostern Gründonnerstag im kirchlichen Kalender steht, hat das mit der Farbe „Grün“ erst mal nichts zu tun. Gründonnerstag wird im Gedenken an das letzte Abendmahl begangen, das Jesus zusammen mit seinen Jüngern gefeiert hat. Anschließend wurde er von Judas verraten und später zum Tod am Kreuz verurteilt.

Gründonnerstag als fester Bestandteil der Karwoche

Angelehnt daran meinen viele Forscher, das „grün“ in Gründonnerstag sei von dem Wort „greinen“ herzuleiten, was „klagen“ oder „weinen“ bedeutet. Demnach weist es den Donnerstag vor Ostern als festen Bestandteil der Karwoche aus, in der im christlichen Kulturkreis des Leidens und Sterbens Jesu gedacht wird.
Um dieser Trauer besonderen Ausdruck zu verleihen, war es früher üblich, von Gründonnerstag an die Altäre der Kirchen zu verhängen oder wenigstens nicht mit Blumenschmuck zu versehen. Bis Ostersonntag mussten die Glocken mit ihrem als zu „fröhlich“ erachteten Geläute ebenso schweigen wie die Kirchenorgeln. Stattdessen ertönten hölzerne Klappern und Ratschen, die an die Klappern erinnern, mit denen zu Zeiten der Pest vor dem Schwarzen Tod gewarnt wurde oder mit denen Aussätzige ihr Nahen ankündigen mussten.
Doch während sich das „Greinen“ in erster Linie an den Vorgaben des Kirchenjahres orientiert, gibt es auch eine volkstümliche Gründonnerstag-Deutung. Und demnach ist es tatsächlich die Farbe, die dem Tag seinen Namen gab.
Seit alters her war man überzeugt, dass den ersten Kräutern des Jahres ebenso wie den um diese Zeit gelegten Eiern besondere Kräfte innewohnen, die es zu nutzen galt. So lag es dann nahe, am Gründonnerstag vitaminreiche „grüne Speisen“ aufzutischen: Grüne Pfannkuchen und Spinatnocken, Kräutersuppen, Feldsalat und die im Frankfurter Raum bekannte „Grüne Soße“. Das passte auch zu den alten, für die Fastenzeit vorgegebenen Speisevorschriften, die Fleischgerichte verboten.
Wie tonangebend das frische Grün des Frühlings und damit auch die Farbe Grün ehedem im täglichen Leben war, lässt sich bis heute auch anhand vieler Redensarten erahnen: Da heißt es, man würde „ein Ding zu grün angreifen“, wenn eine Sache noch verfrüht ist, wohingegen die sächsische Redensart „etwas zu grün abbrechen“ darauf hinweist, dass man etwas übereilt tut oder von einer Sache redet, bevor sie wirklich spruchreif ist.
Wer sich dennoch dazu verleiten lässt, gilt seit dem 17. Jahrhundert selbst als „grün“, da er mit seiner Unerfahrenheit nicht hinter dem Berg halten kann. Umgangssprachliche Ausdrücke wie „grüner Junge“ oder „Grünschnabel“ sind noch immer in diesem Sinne gebräuchlich.
Die linke Körperseite, die „Herzseite“, wurde früher auch als „grüne Seite“ bezeichnet. Sie gilt als „Sitz der gesunden Lebenskraft“ und als die „günstigste, liebenswürdigste Seite“ eines Menschen. Als wenig erfreulich gilt es hingegen, wenn man feststellen muss, dass einem ein anderer „nicht grün ist“ oder man selbst „auf keinen grünen Zweig kommt“.
Wer es jedoch zu etwas bringen will, dem wird geraten, „sich grün zu machen“, sich von seiner besten Seite zu zeigen und sich viel zuzutrauen. Allerdings soll auch gelten: „Wer sich grün macht, den fressen die Ziegen“, was im übertragenen Sinn bedeutet, man möge bei allem Bestreben immer darauf bedacht sein, auf dem Boden der Tatsachen zu bleiben. Und um es nicht zu vergessen: Grün ist stets auch die Farbe der Hoffnung.