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Voderholzer: Begriff der Menschenwürde nicht abstufen

“Die Würde des Menschen ist unantastbar” heißt es in Artikel 1 des Grundgesetzes. Doch was Menschenwürde heißt und ab wann sie gilt, da sind Juristen uneins. Für Regensburgs Bischof Voderholzer ist die Sache klar.

Der Regensburger Bischof Rudolf Voderholzer sieht die Gefahr, dass der im Grundgesetz verankerte Begriff der Menschenwürde zunehmend abgestuft werden könnte. Dieser sei aber kein juristischer, sondern ein philosophischer Begriff, der zu den Vorgaben gehöre, von denen eine freiheitlich-demokratische Gesellschaftsordnung lebe, sagte Voderholzer der Würzburger katholischen Wochenzeitung “Die Tagespost” (Donnerstag). Er verwies auf den früheren Bundesverfassungsrichter Ernst-Wolfgang Böckenförde, der schon 2003 vor Versuchen gewarnt habe, den entsprechenden Artikel 1 aufzuweichen.

In der Diskussion um die von der SPD als Kandidatin für das Amt einer Bundesverfassungsrichterin vorgeschlagenen Frauke Brosius-Gersdorf hatte sich auch Voderholzer zu Wort gemeldet. In einer gemeinsamen Erklärung mit dem Passauer Bischof Stefan Oster von Anfang Juli äußerten die beiden ihre Bedenken an der Juristin: “Wer die Ansicht vertritt, dass der Embryo oder der Fötus im Mutterleib noch keine Würde und nur ein geringeres Lebensrecht habe als der Mensch nach der Geburt, vollzieht einen radikalen Angriff auf die Fundamente unserer Verfassung.” Wer derartige Positionen vertrete, dem dürfe nicht die verbindliche Auslegung des Grundgesetzes anvertraut werden.

Im Interview mit der “Tagespost” legte Voderholzer nach: “Bevor Vertreter einer solchen Sichtweise in das höchste Gericht berufen werden, bedarf es einer öffentlichen Debatte.” Hier gehe es um den Kern der freiheitlich-demokratischen Grundordnung, dem vom Grundgesetz selbst eine “Ewigkeitsgarantie” zugesprochen werde. Der Bischof verwahrte sich dagegen, mit seiner Kritik in eine bestimmte Ecke gestellt zu werden. “Im Gegenteil: Wer einer solchen Debatte ausweicht, ist kein Freund der Demokratie.”

Der Begriff der Menschenwürde wurzele in der Tradition des deutschen Idealismus, führte Voderholzer aus. Für den Philosophen Immanuel Kant sei offensichtlich gewesen, dass die menschliche Person ein Zweck an sich selbst sei, der keinen anderen Interessen untergeordnet oder gar geopfert werden dürfe. “Die christliche Perspektive stimmt mit dieser Sicht überein und begründet sie mit Hinweis auf die Gottesebenbildlichkeit des Menschen auch noch religiös”, erläuterte der Bischof.