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Viele Reaktionen auf Vatikan-Beschluss zu Homosexuellen-Segnung

Viele hätten nicht für möglich gehalten, was am Montag vom Vatikan verkündet wurde: Homosexuelle und wiederverheiratete Paare dürfen gesegnet werden – allerdings nicht in einem Gottesdienst. Ein frühes Weihnachtsgeschenk?

Der Beschluss des Vatikans, eine Segnung homosexueller und wiederverheirateter Paare zu ermöglichen, hat vielfältige Reaktionen ausgelöst. Der Bischof von Dresden-Meißen, Heinrich Timmerevers, zeigte sich “sehr froh und sehr überrascht” über die Entscheidung. “Das hat es noch nicht gegeben in der Geschichte der Kirche, diesen Meilenstein, den der Papst jetzt hier ermöglicht”, sagte er im ARD-Morgenmagazin (Dienstag).

Er räumte “ein Stückchen Schuld” der Kirche ein, “dass wir durch unsere Morallehre nicht nur Menschen zusammengeführt haben, sondern auch Menschen ausgegrenzt haben”. Das Papier des Dikasteriums für die Glaubenslehre ermögliche nun “einen wirklichen ersten Schritt”, die betroffenen Paare “in die Kirche hineinzunehmen und ihnen zu sagen, die Kirche ist für alle offen”, so Timmerevers.

Auch wenn viele gleichgeschlechtliche Paare dadurch noch nicht die erwünschte Akzeptanz durch die Kirche erführen, sei man jetzt “auf einem Weg, der uns weiterführen wird, und wer weiß was in 10, 15 Jahren ist”. Man könne nicht mit einem Federstrich wegschieben, was die Kirche über Jahrhunderte gelehrt habe. “Papst Franziskus stößt Prozesse an, und ich glaube, ein solcher Prozess ist jetzt möglich”, so der Bischof.

Vielleicht habe auch der deutsche Reformprozesses Synodaler Weg zum Zustandekommen des Papiers beigetragen, der sich seit Jahren für die Segnung homosexueller Paare einsetzt. “Ich glaube, es ist nicht nur ein Weihnachtsgeschenk, es ist mehr als das”, sagte Timmerevers.

Die Initiative Maria 2.0 nannte die Entscheidung des Vatikans einen “erste(n) kleine(n), aber absolut unzureichende(n) Schritt in Richtung Gleichberechtigung und echter Inklusion”. Die Maßnahme zeige zwar eine gewisse lange überfällige Öffnung, doch würden “die tiefergehenden strukturellen Probleme und Diskriminierungen innerhalb der katholischen Kirche” damit keineswegs angemessen behandelt. Schon die Unterscheidung in “irreguläre und reguläre Partnerschaften” stelle weiterhin eine gravierende Form der Diskriminierung dar und widerspreche den Menschenrechten, so Maria 2.0.

“Es ist unfassbar, dass immer noch postuliert wird, dass es zwar laut geltender katholischer Lehre keine Sünde ist, homosexuell zu empfinden, aber gleichgeschlechtliche Handlungen nach wie vor nicht ‘in Ordnung sind'”, so die Reformbewegung. Die Kirche müsse nicht nur ihre Haltung gegenüber homosexuellen Paaren, sondern auch mit Blick auf die Gleichberechtigung der Frauen verändern, forderte die Initiative.

Der Münchner katholische Priester Wolfgang Rothe sprach im “WDR-5-Morgenecho” von einem “Paukenschlag”, den zum jetzigen Zeitpunkt niemand erwartet habe. Allerdings habe der neue Präfekt des vatikanischen Glaubensdikasteriums, Kardinal Victor Manuel Fernandez, mehrfach in Interviews angedeutet, dass er sich Änderungen in diesem Bereich vorstellen könne.

Dennoch sei die Erklärung allenfalls ein “Tippelschritt, der aus deutscher, aus westlicher Sicht viel zu wenig ist, aber es ist eben ein Schritt in die richtige Richtung und damit schon ein ziemlicher Paukenschlag, ein ziemlicher Durchbruch”. Dies sei umso überraschender, als Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin vor wenigen Wochen betont habe, dass es im Bereich Homosexualität keine Änderung der Lehre geben werde. “Die Entscheidung ist keine ausdrückliche Änderung der Lehre, aber es öffnet viele Türen, über die gegenwärtige Lehre nachzudenken und auch hier Veränderungen anzugehen”, erklärte Rothe.