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Versteht man, was du liest?

Lesen im Gottesdienst ist eine der ältesten und angesehensten Aufgaben in der Kirche. Ein neues Buch liefert das Handwerkszeug dazu: Tipps zum Umgang mit Text, Stimme und Mikrofon

© epd-bild / Maik Schuck

„Abraxas!“ Wer stellt sich schon am Sonntagmorgen in eine Ecke seines Wohnzimmers und ruft dieses Wort: Abraxas? Und noch einmal, etwas lauter: ABRAXAS!
Vielleicht sollte man aber genau das öfter mal tun. Besonders dann, wenn man anschließend im Gottesdienst einen Text laut vorlesen soll.
Der Abraxas-Ruf ist eine von vielen Übungen aus dem Buch „Versteht man, was du liest? Praxisbuch für den Gottesdienst“. Es möchte denen, die mit Vorlesen oder Vortragen zum Gelingen des Gottesdienstes beitragen wollen, das handwerkliche Rüstzeug dazu bieten. Dazu zählen auch Übungen zum Aufwärmen der Stimme – etwa mit dem vollklingenden Wort „Abraxas“.
Denn Lesen ist eine merkwürdige Angelegenheit. Man lernt es von klein auf. Aber wenn es „darauf ankommt“, wenn man es laut tun soll und vor anderen – beim runden Geburtstag, beim Firmenjubiläum oder eben auch im Gottesdienst –, dann fühlt man sich ganz schnell hilflos und überfordert.
Jeder, der das schon mal gemacht hat, kann ein Lied davon singen: Man ist nervös, angespannt. Verhaspelt sich. Vom Platz des Zuhörers betrachtet: Der Vortrag wirkt oft unnatürlich, überbetont; Wörter werden falsch ausgesprochen. Das Sprechtempo ist meist zu schnell. Manchmal, wenn der Vorlesende es besonders gut machen möchte, auch zu langsam.
Hier setzt das Buch ein. Der Autor Holger Pyka, Pfarrer in Wuppertal, kann dabei auf eine lange Erfahrung zurückgreifen. Neben seiner klassischen Gesangsausbildung und Schauspieltraining unter anderem in Malmö, Mannheim und Wuppertal kommen dabei auch zahlreiche Workshops für Lektorinnen und Lektoren sowie zu Themen wie Gesangspädagogik und Poetry Slam (Wettstreit in poetischer Rede) zum Tragen.
Eines vorweg: Dieses Buch eignet sich nicht als Kurzanleitung. Eine halbe Stunde vor dem Gottesdienst aufgeschlagen und mal eben zwei Tipps herausgeholt – so funktioniert das nicht. Wer dagegen etwas mehr Zeit und Energie investieren will und kann, dürfte ordentlichen Nutzen aus dem Buch schlagen: „Versteht man, was du liest?“ ist als Arbeitsbuch angelegt; man könnte es sich zum Beispiel als ein Projekt über vier Wochen vornehmen.
Auch in einer Gruppe – im Gemeindekreis oder in der Lektorenfortbildung – wäre das Buch eine gute Wahl. Und natürlich kann man sich das Buch auch abschnittsweise erarbeiten.
Nach zwei einleitenden Kapiteln – unter anderem zu Bibelübersetzungen und Online-Quellen – geht es an die Praxis: Akustische Verständlichkeit: Atem, Stimme und Technik. Inhaltliche Verständlichkeit: Akzente setzen. Emotionale Verständlichkeit: Den Text beleben. Diese drei Kapitel stellen den Kerngehalt des Praxisbuches dar. Es folgen zwei Kapitel: Die Lesung im Gottesdienst: Handwerkliches für das Drumherum sowie Umgang mit Störungen. Hier kommen Details zum Auftreten wie: Wohin richte ich meine Augen? Was mache ich mit den Händen? Wann bleibe ich beim Halleluja stehen, wann gehe ich? Was mache ich, wenn ich stolpere?
Den Abschluss bildet das Kapitel: Häufig gestellte Fragen und eine Checkliste – nochmal alles in Kürze.
Dieses Praxisbuch für den Gottesdienst steckt voller Erfahrungen. Wer sie sich zu eigen machen weiß, kann sein eigenes Auftreten im Gottesdienst sicherer und souveräner gestalten. Und damit auch einen Beitrag leisten, dass die Botschaft, die verkündet werden soll, deutlicher und besser rüberkommt.