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Verleger tragen Streit um Presseähnlichkeit nach Brüssel

Im Streit um die Presseähnlichkeit öffentlich-rechtlicher Internetangebote strebt der Bundesverband Digitalpublisher und Zeitungsverleger (BDZV) eine Beihilfebeschwerde bei der EU-Kommission an. Im BDZV sei verabredet worden, mit der EU-Kommission in ein vertieftes Gespräch zu gehen, „das zu einer Beihilfebeschwerde führen soll“, sagte Stefan Hilscher, langjähriger Geschäftsführer des Süddeutschen Verlages am Dienstag beim BDZV-Jahreskongress in Berlin.

Seit vielen Jahren kritisieren die Verleger, dass durch die kostenlosen presseähnlichen Textangebote der Sender im Internet ein ungleicher Wettbewerb zum Schaden der Zeitungen stattfinde. Gemeinsame Schlichtungsgespräche, wie zuletzt über die App „Newszone“ des Südwestrundfunks (SWR), scheiterten.

„Nach unserem Eindruck wird eine Reparatur dieser Situation dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk aus eigener Kraft nicht gelingen“, sagte Hilscher. Ein Blick von außen, durch die EU, könne wichtige Impulse setzen. Beihilfebeschwerden sollen Verstöße gegen die Unionsvorschriften über staatliche Beihilfen aufdecken.

Derweil will die Ampel-Koalition aus SPD, Grünen und FDP nach monatelangem Zaudern beim Thema Presseförderung vorankommen. Der SPD-Vorsitzende Lars Klingbeil stellte den Zeitungsverlagen eine Presseförderung für die Zustellung im ländlichen Raum in Aussicht. Grünen-Chefin Ricarda Lang hob besonders die Bedeutung der Lokalzeitungen hervor. Unionsfraktionschef Friedrich Merz (CDU) bot der Ampel-Koalition die Zusammenarbeit an.

Die Zeitungs- und Zeitschriftenverlage fühlen sich von hohen Zustellungskosten gerade in dünn besiedelten Gebieten überfordert. Hinzu kommen Inflation, hohe Energie- und Papierpreise. Doch die seit Jahren geforderte Presseförderung für die Zustellung im ländlichen Raum lässt auf sich warten und fehlt bislang im Entwurf für den Bundeshaushalt 2024. Die Haushaltsverhandlungen laufen aktuell im Bundestag und die Abgeordneten haben das letzte Wort.

Im Koalitionsvertrag haben SPD, Grüne und FDP versprochen, Fördermöglichkeiten zu prüfen, um eine „flächendeckende Versorgung mit periodischen Presseerzeugnissen“ zu gewährleisten. Der BDZV-Vorstandsvorsitzende Matthias Ditzen-Blanke („Nordsee-Zeitung“) forderte den Kanzler auf, bei der Zustellförderung Wort zu halten. In anderen europäischen Ländern sei eine staatliche Unterstützung der Zustellung längst Realität, sagte Ditzen-Blanke. Dies gelte im Übrigen auch für die Mehrwertsteuer. „Immer mehr Länder um uns herum reduzieren den Satz, um die Zukunft ihrer privatwirtschaftlichen Medien abzusichern.“ Die Einnahmen durch die Zeitungszustellung seien das Fundament, das die Branche benötige, um sich in den kommenden Jahren bei der digitalen Transformation voranzubewegen, sagte er.

Unionsfraktionschef Friedrich Merz (CDU) bot der Ampel-Koalition die Zusammenarbeit an. Weitere Schließungen von Zeitungsredaktionen und damit auch eine Verringerung der Meinungsvielfalt müssten „unter allen Umständen verhindert werden“. Im kleinen Kreis habe es bereits Gespräche zwischen Union und Ampel gegeben und es bestehe ein großes Interesse daran, dass über eine möglichst lange Zeit die physische Zustellung von Zeitungen in den ländlichen Regionen aufrechterhalten werde.