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Verbände dringen auf rasches Gesetz zur Suizidvorbeugung

Der Gesundheitsminister hat eine Strategie zur Vorbeugung von Selbsttötungen vorgestellt. Experten verlangen, bestehende Angebote auch rechtlich abzusichern – noch vor einer möglichen Regelung der Beihilfe zum Suizid.

Verbände und Fachleute dringen auf die rasche Vorlage eines Gesetzentwurfs zur Suizidprävention. Die von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) Anfang Mai vorgestellte Nationale Suizidpräventionsstrategie sei nur ein erster positiver Schritt, betonten mehrere Fachleute am Dienstag in einer Online-Pressekonferenz. Eine künftige Regelung müsse vor allem bestehende Angebote auskömmlich und dauerhaft finanzieren. Zugleich appellierten sie an den Minister, sie stärker in die Erarbeitung einzubeziehen.

Mehrere Teilnehmer äußerten die Befürchtung, dass es in dieser Regierungsperiode zu keiner Gesetzesvorlage mehr kommen werde. Es stelle sich die Frage, wie ernst die Suizidprävention tatsächlich genommen werde, sagte etwa der Vorsitzende der Telefonseelsorge Deutschland, Helmut Ellensohn. Georg Fiedler vom Vorstand der Deutschen Akademie für Suizidprävention unterstrich, dass der Gesetzgeber die Prävention noch vor einer Regelung der Beihilfe zum Suizid sicherstellen müsse. Es sah nicht zuletzt die Gefahr, dass andernfalls mögliche Beratungsstellen für den assistierten Suizid auf Kosten der Prävention finanziert würden.

Fiedler verlangte, die Finanzierung in den Bundeshaushalt 2025 und den Gesetzentwurf aufzunehmen. Dieser müsse den Aufbau eines bundesweit einheitlichen und stets erreichbaren “Hilfetelefons Suizidprävention” umfassen. Es solle zu einer zentralen Beratungs- und Koordinationsstelle für Menschen mit Suizidgedanken, für An- und Zugehörige sowie Hinterbliebene ausgestaltet werden. Als Modell könne das Hilfetelefon “Gewalt gegen Frauen” dienen.

Die Leiterin des Nationalen Suizidpräventionsprogramms, Barbara Schneider, forderte, die “Expertise und jahrelange fruchtbare multiprofessionelle Zusammenarbeit im Nationalen Suizidpräventionsprogramm” zu erhalten – statt sie, wie offenbar geplant, in einer neuen Bundesoberbehörde völlig neu zu entwickeln.

“Irritiert” zeigte sich der Vorsitzende des Deutschen Hospiz- und Palliativverbands, Winfried Hardinghaus, dass die Hospizarbeit und Palliativversorgung bei der Präventionsstrategie offenbar nicht hinreichend mitbedacht werde. Die Praxis zeige aber, dass Menschen mit schweren, lebensverkürzenden Erkrankungen in der Regel von Suizidwünschen Abstand nähmen, wenn sie sich gut begleitet und versorgt wüssten. Die Präsidentin der Deutschen Gesellschaft für Palliativmedizin, Claudia Bausewein, äußerte allerdings die Befürchtung, dass die Palliativversorgung im Rahmen der anstehenden Krankenhausreform aufgrund eines zu niedrig ermittelten Versorgungsbedarfs deutlich eingeschränkt werde.