Das muss Liebe sein: Mit 100 Jahren ist Weltkriegsveteran Harold Terens noch einmal den Bund fürs Leben eingegangen. Seine frisch angetraute Gattin Jeanne Swerlin, 96, hatte unterdessen nicht nur Augen für ihren Ehemann.
Draußen spielten die Dudelsackspieler der Orlando Firefigthers Pipes and Drums auf, drinnen sollte später das “Ave Maria” erklingen. Was sich am Samstag vor und im Rathaus der französischen Stadt Carentan abspielte, wird wohl allen Beteiligten in besonderer Erinnerung bleiben. Kurz nach dem 80. Jahrestag des D-Day, der Landung der Alliierten im Zweiten Weltkrieg in der Normandie, kam ein 100-jähriger US-Veteran in sein damaliges Einsatzgebiet zurück, um hier seine 96-jährige Verlobte zu heiraten.
Harold Terens erschien im hellblauen Anzug, seine künftige Gattin Jeanne Swerlin hatte ein dazu passendes rosa Kleid gewählt. Etwa 30 Angehörige und Freunde und zahlreiche Medienvertreter aus dem In- und Ausland begleiteten die beiden in das Rathaus, nachdem sie sich zuvor bereits von den rund 200 Schaulustigen hatten feiern lassen. Sie fühle sich wieder richtig jung, ließ Jeanne verlauten, während ein sichtlich stolzer Harold neben ihr in die Kameras strahlte.
In den Trausaal des Rathauses zog das Brautpaar zu den Klängen von Josephine Bakers “J’ai deux amours / mon pays et Paris” (“Ich habe zwei Lieben / mein Land und Paris”) ein. Bürgermeister Jean-Pierre Lhonneur und sein Vize Sebastien Lesne übernahmen anschließend die Leitung der Zeremonie. Die englische Frage, ob sie einander heiraten und sich treu sein wollten, beantworteten Terens und Swerlin auf Französisch mit “Oui”. Applaus brandete auf und gleich mehrfach umarmte eine sichtlich glückliche Jeanne im Anschluss Bürgermeister Lhonneur – während Gatte Harold ganz genau hinsah.
Jeannes Tochter Wendy Taubman erklärte hinterher, Harold habe unter anderem aus Sorge, dass Jeanne ihn sonst verlassen könnte, den Bund fürs Leben eingehen wollen. Jeanne habe dann stets geantwortet: “Aber wo soll ich denn hin mit meinen 96 Jahren?”. Die beiden seien ein perfektes Paar, so Harolds Sohn William Terens. Gegen die Trauung habe niemand in der Familie Vorbehalte gehabt. Auch wenn es emotional vielleicht etwas schwierig sei, sich in einem solch hohen Alter noch einmal zu binden.
“Einen Veteranen zu verheiraten ist schon etwas Außergewöhnliches”, gab Bürgermeister Lhonneur zu Protokoll. Auf die Frage eines Reporters, ob es ihm schwer gefallen sei, die Feier auf Englisch abzuhalten, entgegnete er, er spreche vielleicht mit einem leichten Akzent. “Aber wichtig ist, sich zu verstehen – und das hat ganz offenbar funktioniert.”
Auch eine politische Botschaft hält das berührende Ereignis aus Sicht von Lhonneur bereit: Soldaten wie Harold Terens hätten dazu beigetragen, nach dem Zweiten Weltkrieg den Frieden nach Europa zurückzubringen. Dieser Friede halte nun schon 80 Jahre. Dafür gelte es, dankbar zu sein, gerade angesichts des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine.