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US-Psychiaterin: Jugendliche in Krisen schützen wie Babys

Im Straßenverkehr sorgt das Anschnallen für weniger schwere Verletzungen und Todesfälle. Kann man auch bei seelisch heiklen Momenten so etwas wie Sicherheitsgurte anlegen? Eine Expertin sagt: Ja.

Jugendlichen in psychischen Krisen brauchen einen ähnlichen Schutz wie Babys: Das betont die US-amerikanische Psychiaterin Joan Asarnow. Wer ein Baby habe, mache einen Zaun um das Schwimmbecken oder klebe scharfe Kanten im Haus ab, sagte sie am Donnerstagabend auf dem Deutschen Psychotherapie-Kongress in Berlin. Mit einem suizidgefährdeten Teenager müsse man ähnlich denken – und beispielsweise Medikamente entfernen oder Gegenstände wie Messer, die zur Gefahr werden könnten.

Sie wolle Eltern nicht vorschreiben, welche Maßnahmen sinnvoll seien, fügte Asarnow hinzu. Online-Programme wie das von ihr entwickelte “Lock and Protect” böten eine Hilfestellung, um mögliche Risiken zu erkennen und zu entscheiden, wie man mit ihnen umgehen wolle.

Sowohl in den USA als auch in Deutschland sterben mehr junge Menschen durch Suizid als durch sämtliche Krankheiten. In den USA verschärfe der Zugang zu Schusswaffen die Problematik, sagte die Psychiaterin. Laut Studien gehen dort zwölf Prozent der Jugendlichen und fast ein Drittel der jungen Erwachsenen davon aus, binnen zwei Tagen an eine Schusswaffe kommen zu können – auch ohne offizielle Erlaubnis.

Bei anderen verbreiteten Todesursachen unter jungen Menschen, etwa durch Verkehrsunfälle, sänken die Zahlen – bei Suizid und Selbstverletzung seien sie zuletzt gestiegen, mahnte Asarnow. Jugendlichen falle es schwerer als Erwachsenen, sich selbst zu regulieren. Wenn sie anhaltende Verzweiflung, ein Gefühl von Verlorenheit oder geringem Selbstwert schilderten, gelte es daher, schnell zu handeln.

Gezielte Programme, die auch die Familie einbezögen, seien zwar aufwendig und teuer – aber wirksam, sagte die Expertin. Für Eltern und andere enge Bezugspersonen sei es wichtig, Alarmzeichen zu erkennen, ihre Kinder in schwierigen Zeiten aber auch etwa zum Sport oder dem Nachgehen von Hobbys zu ermutigen. “Prävention wirkt – aber man muss am Ball bleiben.”