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„Unverantwortliche Versuche“

Berichte über Geburt erster genmanipulierter Babys in China. Ethiker reagieren empört

Erlangen/Köln – Nach Berichten über die Geburt erster genmanipulierter Babys in China fordert der deutsche Ethiker und Theologe Peter Dabrock eine Überwachungsbehörde für Genexperimente am Menschen. Diese Behörde könne etwa wie die Internationale Atomenergie-Organisation aufgebaut werden, heißt es in einer in Erlangen veröffentlichten Stellungnahme Dabrocks.
Ein chinesischer Forscher hatte zuvor in einem bei Youtube verbreiteten Video erklärt, mit Hilfe der „Gen-Schere“ (CRISPR-cas9-Methode) Erbgut von Embryonen so verändert zu haben, dass sie immun gegen das HI-Virus seien und somit nicht an Aids erkranken könnten. Die Zwillinge mit dem manipulierten Erbgut sollen vor einigen Wochen geboren sein. Die Forschung des Chinesen ist jedoch noch nicht bestätigt worden.

Dabrock erklärte weiter: „Ob es stimmt oder nicht: Zum gegenwärtigen Zeitpunkt sind solche Versuche und auch Ankündigungen aufs Schärfste zu kritisieren.“ Laut nahezu einhelliger Einschätzung sei die Grundlagenforschung noch weit entfernt vom Einsatz beim Menschen. Die Neben- und Spätfolgen seien unabsehbar. Dabrock ist Theologe und Ethiker an der Universität Erlangen-Nürnberg und Vorsitzender des Deutschen Ethikrates. Der Ethikrat arbeite derzeit an einer umfangreichen Stellungnahme zu Genversuchen an Menschen, die im Frühjahr 2019 erscheinen soll.
Die Menschheit solle ein Mitspracherecht haben bei derlei Versuchen, betonte Dabrock. Es handele sich um eine Eingriff in die biologische Grundlage des Menschen, der nicht nur einen Einzelnen, sondern potenziell alle seine Nachkommen betreffe. „Bei den Experimenten handelt es sich um unverantwortliche Menschenversuche“, schreibt Dabrock.

Auch die Medizinethikerin Christiane Woopen, die auch Vorsitzende des Europäischen Ethik­rates ist, kritisierte die chinesischen Forscher. Ein solcher Eingriff in das embryonale Genom verstoße im Rahmen der Fortpflanzung gegen internationale Menschenrechtsdokumente, schrieb sie in einer in Köln veröffentlichten Stellungnahme. „Die chinesischen Forscher haben Menschenrechte verletzt und der Vertrauenswürdigkeit der Wissenschaft schweren Schaden zugefügt. Das sollte die internationale Gemeinschaft nicht dulden“, hieß es. epd/UK