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Untergang in Bombenhagel und Feuersturm

„Der Keller ist verschüttet. Nichts wie raus. Jedes Haus, jeder Garten brennt. Ich renne den Berg hinauf. Da entzündet sich vor mir eine große Brandbombe, es zischt und faucht. Ich starre in eine grelle-grünlichweiße Hölle. Ein rasender Schmerz an meinen Beinen bringt mir ins Bewusstsein, dass sie verbrannt sind.“

So erzählt ein Überlebender in dem Buch „Der Untergang in Bildern und Augenzeugenberichten“ vom Luftangriff auf Pforzheim. Am 23. Februar 1945 bombardierte die britische Royal Air Force im vom Deutschland ausgelösten Zweiten Weltkrieg Pforzheim. Das Bombardement dauerte etwa 20 Minuten, Schätzungen zufolge starben über 17.600 Menschen. Die Innenstadt wurde komplett zerstört.

„Damit war der Angriff in Relation zur Einwohnerzahl einer der verheerendsten auf eine deutsche Stadt im Zweiten Weltkrieg“, heißt es auf der Homepage der Stadt. Schätzungen zufolge starb jeder fünfte Pforzheimer. Dieses Jahr jährt sich die Bombardierung zum 80. Mal. Pforzheim hat den 23. Februar zu einem Gedenktag erklärt.

Klara Deecke ist die Leiterin des Pforzheimer Stadtarchivs. Sie erklärt, warum der Angriff so zerstörerisch war. „Ein sternklarer Himmel kam zusammen mit einer für Großbrände anfälligen Architektur“, so die Historikerin im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd). Die 368 hochgerüsteten Flieger konnten bei bester Sicht ein Gemisch aus Spreng- und Brandbomben, Brandkanistern und Luftminen abwerfen. „In der eng bebauten Altstadt entwickelten sich die Brände zu einem gewaltigen Feuersturm“, erläutert Deecke. Die Menschen wurden zerfetzt, verbrannt oder von herabstürzenden Trümmern erschlagen.

Auch in den unterirdischen Schutzräumen und Kellern waren die Stadtbewohner nicht sicher. Das Feuer raubte den Sauerstoff aus den Räumen, viele Menschen erstickten. Um dem Tod durch die Flammen zu entgehen, stürzten sich einige in die Flüsse Nagold und Enz. „Einige schafften es, so zu überleben“, sagt Deecke. Doch auch die Flüsse waren tückisch. Herabstürzende Trümmer hatten das Wasser aufgestaut. Es kam zu Überschwemmungen, die weitere Todesopfer forderten.

Heute – 80 Jahre später – ist ein Großteil der Zeitzeugen verstorben. Einige haben das Geschehene in Dokumentationen und Büchern festgehalten. Deecke sagt, Pforzheim wurde nicht wieder aufgebaut, sondern danach neu errichtet. „Weg von der verwinkelten Altstadt hin zu einer modernen, autogerechten Stadt.“

Doch der Angriff ist im Alltag noch sichtbar. Auf Briefkästen finden sich Aufkleber „Zur Erinnerung an den Bombenangriff auf Pforzheim.“ Über die ganze Stadt verteilte Tafeln, zeigen, wie Plätze und Häuser nach der Bombardierung aussahen. Und es gibt den Wallberg, der durch die Trümmer der Stadt künstlich erhöht wurde. Auf dem dortigen Mahnmal heißt es: „Die Kirchenglocken in Coventry (England) und Pforzheim läuten am 14. November und am 23. Februar als Zeichen der Versöhnung.“ Am 14. November 1940 hatte die deutsche Luftwaffe den Stadtkern Coventrys fast komplett vernichtet. (0359/21.02.2025)