Am Dienstag will Kanzler Scholz mit der Union und den Bundesländern über mögliche weitere Verschärfungen in der Migrationspolitik reden. Im Vorfeld erhöht die Union den Druck.
Weniger Geld für Asylbewerber, Zurückweisungen an der Grenze, mehr Tempo bei Abschiebungen und sogar eine Änderung des Asylrechts: Vor dem Migrationsgipfel am Dienstag erhöhen Unionspolitiker den Druck auf die Regierung und fordern eine klare Begrenzung der Migration.
Dazu will die Unionsfraktion im Bundestag unter anderem Zahlungen auch für geduldete Asylbewerber deutlich kürzen. Die geplante Kürzung müsse “grundsätzlich für alle Ausreisepflichtigen gelten, auch für diejenigen, die eine Duldung haben”, sagte der innenpolitische Sprecher Alexander Throm (CDU) der “Welt” (Montag). Deren Aufenthalt in Deutschland sei “nach wie vor rechtswidrig”. Ziel müsse es sein, “ihnen nur noch ein Überbrückungsgeld zu geben, damit sie die Ausreise vollziehen können. Ausnahmen kann es für bestimmte Geduldete geben, die etwa aus gesundheitlichen Gründen tatsächlich nicht ausreisen können.”
Wie das Bundesinnenministerium Ende August auf eine Kleine Anfrage der Linken mitteilte, hielten sich Ende Juni 226.882 ausreisepflichtige Personen in Deutschland auf, darunter 182.727 mit einer Duldung. Darunter sind auch solche, die keine Leistungen beziehen.
Migrationsrechtsexperte Ulrich-Arthur Birk, emeritierter Hochschullehrer an der Universität Bamberg, sagte der Zeitung, dass es für eine solche Absenkung der Leistungen rechtlichen Spielraum gebe, auch wenn das Bundesverfassungsgericht 2012 entschieden habe, dass Asylbewerber einen Anspruch auf ein soziokulturelles Existenzminimum hätten und dass eine Absenkung der Leistungen aus migrationspolitischen Gründen nicht gerechtfertigt sei: “Das betrifft allerdings nur Personen, die sich noch im Asylverfahren befinden und in Deutschland eine Bleibeperspektive haben.”
Der Konstanzer Verfassungsrechtler Daniel Thym sagte der “Frankfurter Allgemeinen Zeitung”, er halte den Vorschlag, Asylbewerber an den deutschen Grenzen zurückzuweisen, für “juristisch begründbar”. Ein solches Vorgehen verletze weder das Grundgesetz noch die Genfer Flüchtlingskonvention, könne aber vor dem Europäischen Gerichtshof landen. Er sehe aber durchaus die Möglichkeit, dass sich Deutschland dort durchsetzen könne.
Unions-Fraktionsvize Jens Spahn (CDU) warnte bei Welt-TV vor einem Scheitern des Gipfels: “Wenn am Dienstag nur über das gesprochen wird, was letzte Woche vorgestellt worden ist von der Ampel, dann brauchen wir uns nicht treffen.” Er könne bisher nicht erkennen, dass die Ampel bereit sei, über das eigentliche Problem zu sprechen: “Das ist die einfach zu große Zahl von irregulärer Migration nach Deutschland.” Doch das Wort “begrenzen” oder “Grenze” fehle in dem Papier der Ampel für den Gipfel.
Der hessische Ministerpräsident Boris Rhein (CDU) sieht einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen Zuwanderung nach Deutschland und Terrorismus. “Deutschland hat ein Terrorproblem bei der Migration, und darauf muss die Ampel regieren”, sagte er dem “Tagesspiegel” (Montag). Die entscheidende Frage laute: “Wie sorgen wir ganz konkret dafür, dass weniger Menschen ins Land kommen?”
Am Wochenende hatte CSU-Chef Markus Söder in der “Welt am Sonntag” das geltende Asylrecht infrage gestellt: “Wir müssen das Asylrecht ändern, es ist nicht mehr zeitgemäß. Wir müssen all jene an den deutschen Grenzen zurückweisen können, die klar erkennbar keinen Anspruch auf Schutz haben.”