Das umstrittene Reformationsfenster des Künstlers Markus Lüpertz für die Marktkirche in Hannover ist am Dienstag eingeweiht worden. Das Fenster bringe wie moderne Kunst überhaupt Fragen und Irritationen in die Kirche, sagte der Hannoversche Landesbischof Ralf Meister bei einem Gottesdienst zum Reformationsfest. Es gelte, sich damit geistig und geistlich auseinandersetzen, um Antworten zu finden und Zukunft mitzugestalten.
Das Kirchenfenster zeigt eine Szene mit dem Reformator Martin Luther (1483-1546). Um ihn herum sind fünf schwarze Fliegen zu sehen, die für das Böse und Vergänglichkeit stehen sollen. Diese Darstellung Luthers ermöglicht laut Meister einen anderen Blick auf den Reformator: “einen getriebenen, von Selbstzweifeln geplagten Menschen, innerlich zerrissen”.
Die ihn umschwirrenden Fliegen symbolisierten das Böse, das den Menschen hartnäckig bedränge und nicht weichen wolle. “Sie verstören, auch uns als Betrachtende. Sie verstören, so wie das Böse dieser Welt uns verstört”, sagte Meister. Daher möge “dieses Fenster eine bleibende Irritation in der Marktkirche in Hannover sein und bleiben”.
An dem Gottesdienst in der Marktkirche Sankt Georgii und Jacobi nahmen rund 600 Menschen teil. Unter ihnen war neben Lüpertz auch Altbundeskanzler Gerhard Schröder (SPD), auf dessen Idee das Fenster zurückgeht. Ursprünglich hatte er das Kunstwerk der Marktkirche schenken wollen und dafür Spenden eingeworben.
Wegen Schröders Nähe zu Russlands Präsident Wladimir Putin hatte die Kirche den Einbau nach dem russischen Angriff auf die Ukraine zunächst gestoppt. Die eingeworbenen Spenden wurden größtenteils an Hilfsprojekte in der Ukraine umgeleitet. Die Gemeinde warb selbst Mittel für das Fenster ein.
Um den geplanten Einbau hatte es auch einen mehrjährigen Rechtsstreit gegeben. Der Erbe von Marktkirchen-Architekt Dieter Oesterlen (1911-1994) sah das Urheberrecht seines Stiefvaters in Gefahr und hatte geklagt. Schließlich einigte er sich vor dem Oberlandesgericht Celle mit dem Kirchenvorstand auf einen Kompromiss. Demnach darf das Fenster zwar eingebaut werden. Zugleich muss aber ein Schild in der Nähe angebracht werden, das auf die nachträgliche Installation hinweist.
Stadtsuperintendent Rainer Müller-Brandes nannte die Planungen zum Fenstereinbau einen harten Weg. “Unsere Kirche darf sich verändern, sie muss sich verändern, und sie wird sich verändern”, erklärte er. Kunst und Glaube verwiesen den Menschen auf das Transzendente. Die Einladung Schröders zur Einweihung hatte der Geistliche zuvor verteidigt: “Das gehört sich so. Denn in unserer Kirche gibt es keine Ausladungen, sondern Einladungen.”