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Über die Pandemie

Ein Lyrik-Band zur Corona-Lage. Volker Braun hat dieses Kunststück mit “Große Fuge” geschafft. Kann man immer wieder lesen.

Kara / Fotolia

„Ein gewöhnliches Wesen/ Fragt im Radio: wie lang geht das schon so?/ Daß ein beinahe heilloser Stillstand herrscht  …“

Volker Braun hat die Pandemie verdichtet. Aus den „Sorgen des Staatswesens“ stammen die oben zitierten Zeilen, aufgeschrieben im Jahr 2020, als der Stillstand namens Lockdown herrschte. „Große Fuge“ heißt der schmale Band, im Frühjahr im Suhrkamp-Verlag erschienen.

„Es waren normale Zeiten, angstlos zeigte man das nackte Gesicht.“ „Die Stadt ist ruhiggestellt.“ „Was haben Sie 2020 gemacht – die Hände gewaschen?“

Wort für Wort sucht Volker Braun nach dem, was 2020 über uns hereinbrach, er untersucht die neue Distanz­, das komplizierte Verhalten, die Begegnungen unter Vorbehalt. Nun liegt ein feines Büchlein des 1939 geborenen Schriftstellers vor, das seine Leserschaft an diese Zeit der Vorbehalte erinnert und mehr noch dem Zeitgeist mit seinen Windbürgern folgt, seziert und links liegen lässt. Lieber geht es um den Liebesbeweis beim Arzt. Nicht alles ist Pandemie in dieser Zeit. Am Ende sprechen die Toten auf dem Dorotheenstädtischen Friedhof von Berlin, zur Geisterstunde.

Lyrik wäre nicht Lyrik, wenn man sie nicht immer wieder neu lesen könnte – und Volker Brauns „Große Fuge“ lädt dazu ein, immer wieder gelesen zu werden. Laut und leise, zufällig aufgeschlagen oder Seite für Seite. Intuitiv oder wissbegierig, denn ab Seite 51 gibt es Anmerkungen, die einige Wissenslücken schließen mögen, die bei Erstlektüre mit Fantasie gefüllt waren.

Volker Braun: Große Fuge.
Suhrkamp 2021, 53 Seiten, 16 Euro.

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