Am Mittwoch deckte eine Studie Missbrauchsfälle im Bistum Trier auf. Bischof Stephan Ackermann zeigt sich betroffen über frühere Empathie für Priester-Täter – Vorgänger werden massiv kritisiert.
Der Trierer Bischof Stephan Ackermann hat seinen Amtsvorgänger Hermann Josef Spital für den Umgang mit Missbrauchstätern kritisiert. “Ein pastoraler Umgang mit Verbrechen ist verfehlt”, sagte Ackermann am Mittwoch in Trier. Er kritisierte unter anderem, dass es zwischen 1981 und 2001 kein kirchenrechtliches Verfahren gegen einen Täter gegeben hat. Das ist eines der Ergebnisse einer am Mittwoch vorgestellten wissenschaftlichen Studie.
Die Untersuchung vermittelt das Ausmaß sexuellen Missbrauchs in der Ära Spital. Mindestens 49 Täter in Reihen der katholischen Kirche und 199 Opfer hat es demnach in den 1980er und 1990er Jahren gegeben. Forscher sprechen von einem Hellfeld und vermuten, dass die tatsächlichen Zahlen höher sind. Bei den Recherchen stießen die Studienautoren Lutz Raphael, Lena Haase und Alisa Alic auch auf drei Personen, die sich in zeitlicher Nähe zur erlittenen sexualisierten Gewalt das Leben nahmen.
“Auch wenn die Umstände und Hintergründe dieser Suizide nicht mehr aufgeklärt werden können, so ist für mich diese Vorstellung unerträglich”, zeigte sich Ackermann betroffen. Er verwies darauf, dass hinter allen Zahlen immer Menschen stünden und sprach von einer schmerzlichen Erinnerung. Machtstrukturen in der katholischen Kirche hätten Missbrauch begünstigt und Aufklärung sowie Ahndung verhindert, räumte er ein. Der Bischof versicherte, dass er sich dafür einsetze, dass Kirche einen sicheren Raum darstelle.
Die frühere Bistumsleitung wird in der Studie klar hinterfragt: “Während für die Aufklärung intern Sorge getragen wurde, so wurde die moralische Pflicht zu Anzeige und Information staatlicher Stellen vollständig vernachlässigt.” Zwar sei über eine unabhängige Kommission zur Prüfung der Vorwürfe gesprochen, diese aber nie eingerichtet worden. Laut der Studie waren bereits der damaligen Bistumsleitung 20 der Beschuldigten bekannt.
Ackermann kritisierte vor diesem Hintergrund, dass unter Spital der Schutz der Institution über den Rechten und Bedürfnissen der Betroffenen gestanden habe. “Zudem zeigen die genannten Beispiele auf, dass die Fälle nicht konsequent in denselben Gremien bearbeitet wurden”, sagte er. Auch Weihbischof Leo Schwarz, der übergangsweise das Bistum leitete, habe falsch agiert. Dessen Umgang mit Missbrauchsfällen bezeichnete Ackermann als unangemessen, er habe sogar Verbrechen sexuellen Missbrauchs vertuscht. Ackermann sprach von Empathie für die Priester-Täter und der Sorge, den Ruf der Priester und der Kirche zu schützen.
Grundlage der neuen Studie mit rund 80 Seiten waren mehr als 1.000 kirchliche Personalakten sowie 20 Gespräche mit Betroffenen und Zeitzeugen. Mit 77 Prozent seien die Betroffenen männlich, zu 22 Prozent weiblich gewesen – in zwei Fällen wurde nicht klar, ob die missbrauchte Person männlich oder weiblich war.