Weil Maradonas derzeitiges Grab aus Sicht vieler Fans nicht standesgemäß ist, soll der argentinische Nationalheld umgebettet werden. Im Gespräch ist ein Mausoleum in der Hauptstadt Buenos Aires.
Die beiden Momente, die ihn unsterblich gemacht haben, liegen nur 180 Sekunden auseinander: Im WM-Viertelfinale gegen England zeigte Diego Maradona 1986 seine beiden Gesichter: das des Genies und das des Betrügers. Weil Argentinien auf dem Weg zum zweiten Fußball-WM-Titel die nach dem Falkland-Krieg verhassten Engländer aus dem Weg räumte, störten sich seine Landsleute nicht am berühmtesten Handtor aller Zeiten.
Regelwidrig bugsierte er den Ball am verdutzten Peter Shilton vorbei ins Tor und machte anschließend “die Hand Gottes” verantwortlich. Einer der umstrittensten Treffer der Fußball-Historie war entstanden. Die Diskussionen darüber halten bis heute an. Erst am Wochenende erteilte der aus Argentinien stammende Papst Franziskus dem Idol Maradona posthum einen Rüffel: Der Sieg aufgrund des irregulären Tores sei “nicht gut” gewesen, sagte das Kirchenoberhaupt am Samstag bei einer Veranstaltung im römischen Olympiastadion.
Aber Maradona zeigte im selben Spiel, warum er zu Lebzeiten der beste Fußballer auf dem Planeten war: Sein Sololauf durch die englische Abwehr ging als “Tor des Jahrhunderts” in die Geschichte ein. Argentinien gewann 2:1. Und als das Team wenig später auch die Deutschen im Finale mit 3:2 bezwang – dank eines genialen Passes der Nummer 10 (“El Diez”) – war er endgültig zur Legende aufgestiegen.
Anders als beim amtierenden Weltmeister Lionel Messi, der ein weitgehend skandalfreies Leben führt, waren dem aus einem Armenviertel stammenden Maradona die dunklen Seiten des Ruhms mit Drogenkonsum und Vergewaltigungsvorwürfen nicht unbekannt.
Vielleicht auch wegen dieser Ambivalenz verehren die Argentinier ihren “Goldjungen”, der nach turbulentem Lebenswandel 2020 verstarb, wie einen Gott. Nun wollen die Töchter Dalma, Gianinna und Jana sowie seine ehemalige Lebensgefährtin Veronica Ojeda die sterblichen Überreste in Buenos Aires in eine Art Mausoleum überführen lassen. Ob es wirklich dazu kommt, müssen die Behörden entscheiden. Schon jetzt ist die argentinische Hauptstadt voll von Wandmalereien und Fotos, die Maradona wie eine Heiligenfigur zeigen.
Sollte der Plan Realität werden, würde wohl eines der begehrtesten Touristenziele des Landes entstehen. Der Plan lässt die Phantasien unzähliger Fans auf der ganzen Welt sprießen. Ein benachbartes Maradona-Museum wäre ebenso denkbar. Die neuesten Technologien könnten den Nationalhelden sogar samt Künstlicher Intelligenz virtuell wiederauferstehen lassen.
Die Verehrung von prominenten Toten ist in Buenos Aires ohnehin ein Stück intensiver und leidenschaftlicher als anderswo. Das Grab der Schauspielerin und “Primera Dama” Evita Peron (1919-1952) etwa ist bis heute eine vielbesuchte Stätte.
Bevor Maradona seine zweite letzte Reise antreten kann, ist jedoch eine amtliche Genehmigung erforderlich. In einem Dokument, das der Presse zugespielt wurde, werden für Exhumierung und Überführung “ausreichende Sicherheits- und Vertraulichkeitsbedingungen” verlangt.