Viele Bestatter wünschen sich einen normaleren Umgang mit dem Tod – und geben im Netz, in speziellen Podcasts und auf Youtube-Kanälen ihr Fachwissen preis. Es soll auch darum gehen, “Gruselbilder” zu verscheuchen.
Weniger als 20 Prozent der deutschen Bevölkerung hat schon einmal einen Toten gesehen, besagen Umfragen. Dabei sterben hierzulande jährlich etwa eine Million Menschen – eine ganze Großstadt, die einfach so verschwindet. Die Katholische Nachrichten-Agentur (KNA) beantwortet Fragen rund um das Thema Tod.
“Nicht wirklich viel. Es fehlt der natürliche Umgang damit, die Vertrautheit”, sagt Bestatter David Roth vom Bestattungsunternehmen Pütz-Roth im nordrhein-westfälischen Bergisch Gladbach. “Es wäre gar nicht verkehrt, wenn wir mal einen Toten gesehen hätten, bevor es uns selbst betrifft, oder wenn wir den Angehörigen, die so etwa schon einmal erlebt haben, zuhören würden.” Weniger als 20 Prozent der Deutschen hat demnach schon einmal einen Toten gesehen. Hier existierten “viele Gruselbilder”.
“Wie ein Schlafender”, sagt Roth, dem der Anblick als Kind eines Bestatters bereits seit jungen Jahren vertraut ist. “Die Realität ist besser als die Vorstellung, die durch den Medienkonsum geprägt wird. Die meisten Menschen haben Angst vor Toten, ohne dass sie das beurteilen könnten. Viele Tote sehen tatsächlich zutiefst entspannt und einige sogar glücklich aus”, sagt er. Auch die Hautfarbe sei nicht unbedingt blass, es gebe auch “rosige” Tote.
Besonders über Einäscherungen von Toten im Krematorium gibt es viele verrückte Geschichten, sagt die amerikanische Bestatterin Caitlin Doughty in ihrer Youtube-Reihe “Ask a mortician” (zu deutsch: Frag einen Bestatter). “Zum Beispiel äschern wir nicht mehrere Verstorbene gleichzeitig ein und vermischen auch keine Asche von zwei Verstorbenen.” Ebenfalls ein Mythos sei, so Bestatter Roth, dass Fingernägel nach dem Tod noch weiter wachsen. “Das sieht nur so aus, weil die Haut trocken wird und zurücktritt.” Auch Haare wachsen nicht weiter, vorher verdeckte Bartstoppeln sind bei trockener Haut aber besser erkennbar.
Nach dem Tod entspannen sich zunächst alle Muskeln. Die Leichenstarre – die aufgrund einer chemischen Reaktion in den Muskeln entsteht – tritt dann innerhalb der ersten 48 Stunden nach dem Tod ein, meist etwa drei Stunden danach. “Dann kann man den Toten aber trotzdem noch langsam bewegen, massieren, dehnen, um ihn zum Beispiel einzukleiden”, so Bestatter Roth. Die Leichenstarre dauert in der Regel etwa zwei bis drei Tage, dann lösen sich die Muskeln wieder. “Wir sind aber ein Naturprodukt, das ist nie bei jedem genau gleich”, sagt Bestatter Roth.
Der Kiefer ist einer der ersten Bereiche, der sich nach der Leichenstarre löst, deshalb kann er sich ein bisschen öffnen. “In der Ausbildung zum Bestatter lernen die Azubis noch, dass man den Mund zunähen kann, damit er bei der Aufbahrung, wenn die Angehörigen Abschied nehmen, nicht offen steht – “ich habe aber noch keinen Angehörigen gesehen, der das wollte”, so Roth.
Wenn der Tote vom Bestatter abgeholt und umgelagert wird, wird dadurch die Luft in der Luftröhre bewegt. “Da kann es dann noch einmal zu einem Geräusch kommen”, warnt Bestatter Roth. Weil manchmal noch Flüssigkeit austreten kann, wird der Oberkörper des Toten hoch gelagert.
Eigentlich müsse der Tote nur gewaschen und angezogen werden, gerne mit persönlicher Kleidung, so Roth. Geschminkt werden sollten Tote nur, wenn sie sich auch zu Lebzeiten geschminkt hätten und ihnen dies wichtig war, findet er. “Kein Verstorbener sollte so aussehen, als ob er vom Strand in Ibiza käme”, sagt Roth. “Den Tod sollte man nicht wegschminken. Denn man muss die Anzeichen des Todes auch begreifen können, dass jemand kälter wird, dass der Geruch sich ein bisschen verändert. Man soll ja auch begreifen können, dass man die Person weggeben muss.”
Dies sei eine Frage der “Umstände und der Bodenbeschaffenheit”, sagt Roth. Grundsätzlich sei aber nach zwei Jahren das Weichgewebe – also Haut und innere Organe – abgebaut. Haare und Fingernägel, sowie einige festere Sehnen benötigten fast vier Jahre. Das Skelett des Menschen braucht in der Regel 20 Jahre, um sich komplett zu zersetzen, das kann aber, je nach Boden, auch deutlich länger dauern. Deshalb sind die Ruhezeiten auf Friedhöfen auch unterschiedlich lang. “Alles, was lebt, stirbt und kehrt in den Kreislauf zurück, damit neues entstehen kann”, so Roth.