Die Zahl der Hinrichtungen hat im vergangenen Jahr weltweit einen neuen Höchststand erreicht. Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International dokumentierte nach eigenen Angaben für 2022 mindestens 883 Hinrichtungen in 20 Ländern. Das sei die höchste Anzahl von gerichtlichen Hinrichtungen seit 2017, heißt es in dem veröffentlichten Bericht zur weltweiten Anwendung der Todesstrafe.
Zudem geht die Menschenrechtsorganisation von Tausenden weiteren geheimen Hinrichtungen in China, Nordkorea und Vietnam aus. Der Anstieg der offiziellen Zahlen ist demnach vor allem auf Hinrichtungen im Iran, in Saudi-Arabien und Ägypten zurückzuführen. Allein der Iran sei mit mindestens 576 Exekutionen für 65 Prozent der weltweit bekannt gewordenen Hinrichtungen verantwortlich. In Saudi-Arabien verdreifachte sich die Zahl von 65 (2021) auf 196 (2022). Dort seien an einem einzigen Tag 81 Menschen exekutiert worden. In Ägypten wurden 24 Menschen hingerichtet.
Amnesty fordert klare Reaktion der Bundesregierung
Julia Duchrow, stellvertretende Amnesty-Generalsekretärin in Deutschland, forderte im Morgenmagazin des ZDF, dass EU-Staaten deutlicher gegen die Vollstreckung von Todesstrafen Stellung beziehen. Nach der Bestätigung des Todesurteils gegen den Deutsch-Iraner Jamshid Sharmahd im Iran sei zu befürchten, dass die Hinrichtung jederzeit bevorsteht. „Da ist einfach sehr wenig Zeit, und deswegen braucht es da eine sehr, sehr, sehr klare Reaktion der Bundesregierung“, sagte Duchrow. Der in Hannover aufgewachsene Geschäftsmann war 2020 vom iranischen Geheimdienst aus dem Ausland verschleppt und im Iran wegen angeblichem Terrorismus zum Tode verurteilt worden.
Auch in den USA wurden Todesurteile vollstreckt
In den USA stieg die Zahl der Hinrichtungen laut Amnesty im vergangenen Jahr von 11 auf 18. In Afghanistan, Kuwait, Myanmar, im Gazastreifen und in Singapur wurden nach Unterbrechungen wieder Todesurteile vollstreckt. Mehr als verdoppelt habe sich gegenüber dem Vorjahr zudem die Zahl der Hinrichtungen wegen Drogendelikten. Laut Amnesty wurden allein im Iran deshalb 255 Menschen exekutiert, in Saudi-Arabien 57 und Singapur 11.
Sechs Länder hätten die Todesstrafe im vergangenen Jahr vollständig oder zum Teil abgeschafft, teilte Amnesty mit. Dazu gehören Kasachstan, Sierra Leone und Sambia. Bis Ende 2022 hätten so 112 Länder die Todesstrafe für alle Straftaten aus ihrem Recht getilgt.