Zwei Stücke Erdbeertorte! Die junge Frau war irritiert. Sie selbst konnte sich das Studium nur durch äußerst genügsame Lebensweise leisten – ihre Familie hatte im Krieg alles verloren. Zwei Mahlzeiten am Tag mussten reichen. Wurde ein Pullover zu klein, ribbelte man ihn auf und strickte etwas Neues daraus. Und nun bestellte ihr Verehrer im Café doch gleich zweimal Torte. Ein hemmungsloser Verschwender?
So wie der jungen Studentin in den 1950er Jahren ging es vielen Menschen in Deutschland. Alles, was da war, wurde verwendet. Jeder Krümel wurde aufgegessen. Kleidung vererbte sich über mehrere Generationen, immer wieder ausgebessert und umgeändert. Schuhe wurden beim Schuster neu besohlt, Strümpfe gestopft. Und noch in den 1980ern nähte man an zu kurz gewordene Kinderhosen einfach unten einen Streifen an. Kreativität war gefragt – und natürlich auch Handarbeitskenntnisse.
Und heute? Große Bekleidungsfirmen bringen im Internet alle zwei Wochen eine neue Kollektion auf den Markt. Wer da am Puls der Mode bleiben will, muss ständig neu kaufen. Die Vorweihnachtszeit ist auch in der Kleiderbranche Hauptkonsumzeit, und das Glaubensbekenntnis vieler Konsumenten lautet: so billig wie möglich.
Qualität spielt dabei keine Rolle. Wenn etwas kaputt geht, wird es weggeschmissen. Wozu ausbessern, wenn man doch für wenige Euro etwas Neues bekommt? Und selbst wer noch weiß, wie man ein Loch flickt, hat kaum eine Chance: Die Stoffe bestehen aus so viel Kunstfaser und sind so schlecht verarbeitet, dass ein Ausbessern kaum möglich ist.
So entstehen riesige Mengen an Kleidermüll, während auf der anderen Seite des Globus immer mehr neue Kleider produziert werden. Die Textilarbeiterinnen, die in den Ländern des Südens unter unmenschlichen Bedingungen schuften, stellen etwas her, was wir eigentlich gar nicht brauchen. Trotzdem kaufen wir es, tragen es für kurze Zeit und entsorgen es bald wieder – ein perverser Kreislauf von Gier und Gleichgültigkeit. Ein Kreislauf, der Ressourcen verschwendet und die Erde vergiftet. Menschenwürde und Menschenleben kommen dabei unter die Räder (siehe Seite 12).
Es ist offensichtlich, dass das nicht Gottes Wille sein kann. Wir Menschen haben den Auftrag, seine Schöpfung zu bebauen und zu bewahren, nicht, sie auszubeuten und zu zerstören. Wo sind Achtsamkeit und Respekt geblieben, mit denen man Gottes gute Gaben sorgsam behandelte? Wo das Bewusstsein dafür, dass wir als „gute Haushalter der mancherlei Gnaden Gottes“ verantwortlich sind für das, was mit anderen Menschen und unserer Welt geschieht?
Die Adventszeit ist eine Zeit des Innehaltens. Eine Zeit, in der wir uns fragen können: Ist weniger nicht mehr? Brauchen wir den Stapel an Geschenken wirklich? Oder macht es nicht mehr Freude, sich zu beschränken und das mit Dankbarkeit zu nutzen, was wir bereits haben? Wer so denkt, kann Geld und Zeit für Dinge nutzen, die es wirklich wert sind. Das wäre gute Haushalterschaft.
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Teufelskreis Konsum
Immer mehr immer billiger – das ist das Glaubensbekenntnis unserer Konsumgesellschaft. Menschenrechte, oft sogar Menschenleben kommen dabei unter die Räder