Etwa zwei Drittel der insgesamt 58 Tafeln in Hessen haben entweder einen Aufnahmestopp verhängt oder müssen Bedürftige auf eine Warteliste setzen. „Was Räumlichkeiten, Personal und ganz besonders die verfügbaren Lebensmittel angeht, haben wir unsere Kapazitätsgrenzen erreicht und teilweise überschritten“, sagte Willi Schmid, Vorsitzender der Tafel Hessen am Mittwoch im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd).
Seit Beginn des Ukrainekrieges sei die Zahl der Menschen, die von den hessischen Tafeln unterstützt werden, von rund 95.000 auf etwa 135.000 gestiegen. „Im gleichen Zeitraum sind die Lebensmittelspenden um etwa 25 Prozent zurückgegangen“, sagte Schmid. Viele Tafeln müssten deshalb entweder die Rationen verkleinern oder den Abgabe-Rhythmus von einmal pro Woche auf einmal alle zwei Wochen verringern.
Ein Ende dieser Entwicklung sei laut Schmid nicht abzusehen, da die Anfragen an die Tafeln noch immer steigen und die Lebensmittelhändler zunehmend „mit spitzem Bleistift“ kalkulieren würden. Lebensmittel, die nah am Mindesthaltbarkeitsdatum sind und deshalb eigentlich oft an Tafeln abgegeben werden, verkaufen Händler mittlerweile zum reduzierten Preis weiter. „Diese Waren gehen uns verloren“, sagte Schmid.
Neben Lebensmitteln brauchten die hessischen Tafeln auch Produkte des täglichen Bedarfs. „Ob das Waschpulver, Seife oder andere Hygieneartikel sind – alles, was man neben dem Essen in einem Tagesablauf braucht und was für die Tafelkunden fast unerschwingliche Sachen sind, nehmen wir sehr gerne an“, sagte Schmid.
Am Montag hatte das hessische Sozialministerium angekündigt, dass die Landesregierung ein Modellprojekt zur Verteilung kostenfreier Hygieneprodukte an sozial benachteiligte Menschen verlängern und mit weiteren 200.000 Euro unterstützen will. Bereits von März bis Mai haben die Tafeln Hygieneartikel an ihre Kunden verteilt, für die die Landesregierung 130.000 Euro zur Verfügung gestellt hatte. Nun soll das Projekt um weitere Produkte, wie beispielsweise Windeln, erweitert werden.
Um bei der Tafel einkaufen zu können, muss nachgewiesen werden, dass man an der Armutsgrenze oder darunter seinen Lebensunterhalt bestreitet. Verstärkt treffe das auch auf junge und erwerbstätige Familien zu, sagte Schmid. Deren Einkommen reiche nicht mehr aus, um die Lebenshaltungskosten zu decken.