Ein Symposium unter dem Titel „Sibrand Siegert als Persönlichkeit der Kirchengeschichte Mecklenburgs im 20. Jahrhundert“ findet am 30. November in Güstrow (Landkreis Rostock) statt. Dazu laden der evangelische Kirchenkreis Mecklenburg und die Evangelische Akademie der Nordkirche ein, wie der Kirchenkreis am Mittwoch mitteilte. Bei der Veranstaltung solle das Thema „Kirche und Nationalsozialismus“ auch mit externen Wissenschaftlern weiter aufgearbeitet werden, hieß es.
Seit Juli entfällt auf Beschluss des mecklenburgischen Kirchenkreisrates für die Tagungsstätte „Haus der Kirche“ in Güstrow der Namenszusatz „Sibrand Siegert“. Dem Beschluss vorausgegangen waren wissenschaftliche Recherchen, die auf Wunsch der Familie Siegert zur Rolle des bisherigen Namensgebers Sibrand Siegert (1890-1954) in der NS-Zeit erfolgt waren.
„Zudem soll die Benennung und Umbenennung des Hauses eingeordnet und für die interessierte Öffentlichkeit nachvollziehbar gemacht werden“, sagte Propst Marcus Antonioli (Wismar) laut Mitteilung. Er hatte mit einer Arbeitsgruppe die Umbenennung reflektiert und die Beschlussvorlage für den Kirchenkreisrat vorbereitetet.
Die Recherchen zeigen demnach, dass Siegert zwischen 1941 und 1944 als Kommandeur von Kriegsgefangenen und als stellvertretender Kommandant in zwei Stalags (Kriegsgefangenen-Mannschafts-Stammlager) in Belarus gedient hat. Fest steht, dass in letzteren Lagern tausende jüdische Zivilisten und russische Kriegsgefangene gewaltsam zu Tode gekommen sind. „Wenn auch Pastor Siegerts konkrete Beteiligung an diesen Kriegsverbrechen unklar ist und er sich auch selbst dazu nie geäußert hat, belegen jedoch die herausgehobenen Funktionen, die er in den Lagern bekleidete, seine Mitverantwortung am Geschehen“, heißt es im Beschluss des Kirchenkreisrates.
Das „Haus der Kirche“ wird seit 1960 als Tagungs-, Bildungs- oder Begegnungsstätte der evangelischen Landeskirche Mecklenburg genutzt. Seit 2012 ist es in Trägerschaft des Kirchenkreises Mecklenburg. Bereits seit 1924 diente es als evangelisches Gemeindehaus. In der Zeit des Nationalsozialismus von 1934 bis 1945 war die Adresse im Grünen Winkel 10 das Zentrum der Bekennenden Kirche in Güstrow. Vor diesem Hintergrund wurde das Haus 1954 von der Landeskirche nach Sibrand Siegert benannt. Der Theologe war seit 1921 Pastor in Güstrow, später Vertreter der Bekennenden Kirche in Mecklenburg und wurde nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs Landessuperintendent des Kirchenkreises Güstrow.