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Studie: Schlechtes Zeugnis für Umgang mit Missbrauch in EKD

Laut der unabhängigen Forum-Studie sind in der evangelischen Kirche bislang Missbrauchsfälle unzureichend erfasst und aufgearbeitet worden. Lange Zeit haben es keine verbindlichen Regelungen gegeben, wie mit Missbrauchsfällen umzugehen sei, erklärte der Leiter der Forum-Studie, Martin Wazlawik, am Donnerstag in Hannover. Auch der Umgang mit Betroffenen sei nicht gut gewesen. Dies sei häufig auch aus der Haltung heraus geschehen, dass die evangelische Kirche sich als die bessere verstanden habe.

Laut der Studie für die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) sind seit 1946 laut einer spekulativen Hochrechnung 9.355 Kinder und Jugendliche in Kirche und Diakonie sexuell missbraucht worden. Bislang war von rund 900 Missbrauchsopfern die Rede. Nach den in einer Hochrechnung ermittelten Zahlen gibt es zudem 3.497 Beschuldigte, davon gut ein Drittel Pfarrer oder Vikare.

Die Wissenschaftler erklären in der umfangreichen Studie (Seite 725), dass die offiziell gemeldeten Zahlen von 1.259 Beschuldigten (davon 511 Geistliche) und 2.174 Betroffenen “unter dem Vorbehalt zu sehen sind, in keiner Weise das gesamte Missbrauchsgeschehen in den Landeskirchen und im Diakonischen Werk abzubilden”. Lediglich eine Landeskirche habe Zahlen sowohl aus den Disziplinarakten als auch aus den Personalakten übermittelt, daraus sei dann die Hochrechnung erfolgt.

Wazlawik empfahl der evangelischen Kirche und der Diakonie einheitliche Standards im Umgang mit Missbrauchsfällen und Betroffenen. Weiter müsse es unabhängige Ansprechpartner geben; auch solle eine unabhängige Ombudsstelle errichtet werden. Für Betroffene müsse es “ein Recht auf Aufarbeitung” geben. Die Anerkennungsleistungen für Betroffene müssten zudem deutlich erhöht werden.