Eine Studie der Otto-Brenner-Stiftung untersucht die Rolle der Medien bei der Flutkatastrophe und empfiehlt, Journalisten besser auf Kriseneinsätze vorzubereiten und in die behördliche Krisenkommunikation einzubinden.
Als Konsequenz aus der Ahrtal-Flut 2021 sollten Journalisten in Krisen- und Sicherheitstrainings geschult und besser in die behördliche Krisenkommunikation eingebunden werden. Zu diesem Schluss kommt ein Arbeitspapier der gewerkschaftsnahen Otto-Brenner-Stiftung, das die Berichterstattung über die Flutkatastrophe vor drei Jahren und die Reaktionen von Betroffenen und Rettungskräften untersucht hat.
“Die Flut im Ahrtal 2021 erreichte auch deshalb so katastrophale Ausmaße, weil Medien unzureichend in die Krisenkommunikation eingebunden wurden”, heißt es in der am Mittwoch veröffentlichten Kurzfassung der Studie von Marlis Prinzing (Macromedia Hochschule Köln), Mira Keßler (Ruhr-Universität Bochum) und Melanie Radue (Universität Passau). Für die Untersuchung wurden Tiefeninterviews mit jeweils zehn Betroffenen und Helfern sowie zehn Medienvertretern geführt, die über die Flut berichtet hatten. Die Autorinnen empfehlen Redaktionen und Medienhäusern, künftig bereits vorab für den Krisenfall Task-Force-Teams einzurichten, die sich mit offiziellen Warnsystemen auskennen und die in behördliche Abläufe bei Katastrophenlagen eingebunden werden.
Die zum Teil massive Kritik an der Berichterstattung zur Flutkatastrophe und dem Verhalten der Medienvertreter sei dabei auch auf Missverständnisse zurückzuführen, die sich aus unterschiedlichen Ansprüchen der Journalisten und der Betroffenen vor Ort ergaben, heißt es. “Sie wurden nicht nur in ihrer Rolle als Berichterstatter gesehen, sondern von ihnen wurde aktives Eingreifen und konkrete Hilfe bei Aufräumarbeiten erwartet”, so die Autorinnen des Arbeitspapiers. Dass die journalistische Arbeit dabei Vorrang vor der Mithilfe etwa beim Ausräumen eines Kellers habe, sei nur wenigen Betroffenen bewusst gewesen. Medien sollten daher stärker Grundwissen über ihre Arbeitsweisen und Arbeitsbedingungen vermitteln und öffentlich über widersprüchliche Erwartungen wie “Berichten oder Helfen?” reflektieren.
Die Betroffenen erwarteten von den Medien allgemein eine sachgerechte Berichterstattung, aber auch Mitgefühl sowohl in der Berichterstattung als auch im direkten Umgang vor Ort. Dabei sollten “Emotionen als Teil ihrer Wirklichkeit in der Medienberichterstattung öffentlich gemacht werden”, solange dies sensibel und nicht voyeuristisch erfolge.
Die Kurzfassung des Arbeitspapiers “Berichten über Leid und Katastrophen. Die Ahrtalflut 2021 aus Betroffenen- und Mediensicht” ist ab sofort auf der Homepage der Otto-Brenner-Stiftung verfügbar. Die Langfassung soll im August erscheinen.