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Stock? Seestern? – Ach ja!

Ganzheitlicher Ansatz kombiniert geistiges Training mit Bewegungs- und Entspannungsübungen, Gefühlen und Erlebtem. Mit Gewinn für die Bewohner von Haus Phöbe

Auf dem Boden liegt ein offener Urlaubskoffer. Daneben ein Strohhut, ein Wanderstock und einige Reiseführer. Elfriede Meissner, Ursula Loewende und Maria Schulte nehmen die Gegenstände in die Hand – und lächeln. Sofort rattert es in ihren Köpfen. Wenig später berichten sie von ihren schönsten Urlaubsreisen.
„Mama ist total aufgeblüht – fast so wie früher“, sagt Hannelore Günther. Ihre Mutter Elfriede ist 90 Jahre alt und lebt im Haus Phöbe in Warburg-Rimbeck. In dem Alten- und Pflegeheim der Evangelischen Frauenhilfe in Westfalen, in dem 68 Frauen und Männer im Alter zwischen 60 und 100 Jahren leben, werden die Bewohnerinnen und Bewohner durch Ganzheitliches Gedächtnistraining fit.

„Sie lernen spielerisch. Sie lernen mit dem Herzen“

„Alles was wir wahrnehmen, alles was wir empfinden, alles was wir entscheiden und tun, findet auch in unserem Gehirn statt“, erklärt Ute Floren, Betreuungsassistentin im Haus Phöbe. „Unsere Emotionen, unser Erleben und unser Körper sind für ein gutes Gedächtnistraining von entscheidender Bedeutung.“ Das ist das Konzept hinter dem sperrigen Begriff „Ganzheitliches Gedächtnistraining“: „Wir fördern unsere Bewohner spielerisch – mit allen Sinnen und ohne Druck.“
Im Alten- und Pflegeheim Haus Phöbe geht es neben Pflege um Geselligkeit, um Spaß und um Aktivierung. Dass Bewegung gut ist für den Körper, ist hinlänglich bekannt. Bewegung ist allerdings auch für das Gehirn. Seit 2015 hat Haus Phöbe darum das Ganzheitliche Gedächtnistraining im Angebot. „Es kombiniert das geistige Training mit Bewegungs- und Entspannungsübungen, mit Fühlen und Gefühlen, mit Biographie und Erfahrungswissen“, meint Ina Diebenbusch, Leiterin des Hauses.
Die 35-jährige Ute Floren ist eine von zwei zertifizierten Trainerinnen, die im Haus Phöbe fest angestellt sind. „Das Ganzheitliche Gedächtnistraining arbeitet mit spannenden Übungen der gehirngerechten Vermittlung von Wissen, Entspannungs- und Bewegungselementen“, führt sie aus. Auch die Musik spielt eine Rolle.
Kürzlich lauschten die Teilnehmenden der Melodie des Schneewalzers. Dabei bewegten sie sich mit weißen Tüchern sanft zum Takt – und das bei einem Alter von bis zu 100 Jahren. Eine Hand voll Schnee, ein dampfender Glühwein und ein leckerer Lebkuchen können die verschiedenen Erinnerungen wecken. Die sind nicht immer positiv. „Bei einigen Liedern kommen auch Erinnerungen an den Krieg und die Flucht hoch“, sagt Ute Floren. „Dann fließt auch mal eine Träne.“
Ihre Kollegin Iris Thöne und sie wurden ein halbes Jahr lang für ihre Aufgabe als Trainerin geschult. „Wir sind von dem Ganzheitlichen Gedächtnistraining überzeugt und wollten ein kontinuierliches Angebot vorhalten“, ergänzt die Hausleiterin, „und das ist mit zwei qualifizierten Mitarbeiterinnen am besten zu leisten“.
Bei den wöchentlichen Treffen in einer Klein- und einer größeren Gruppe dürfen alle Bewohnerinnen und Bewohner teilnehmen. Meist dauern die Veranstaltungen eine Stunde. „Sie lernen spielerisch, sie lernen ‚mit dem Herzen‘, indem Gefühle, Erinnerungen und Erfahrungswissen geweckt werden“, erklärt Ute Floren.
Manchmal sind in den Gruppen auch Angehörige dabei. So wie Hannelore Günther. „Meine Mama ist seit einiger Zeit selbstbewusster, zufriedener und wacher. Sie hat sogar wieder angefangen, Mundharmonika zu spielen. Nach 14 Jahren.“
Genau um diese Effekte geht es Ute Floren: „Es ist ein tolles Gefühl, wenn die Bewohner merken, was sie alles können und wissen.“

Internet: www.haus-phoebe.de.