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Stiftung Aufarbeitung: Geschichtsvermittlung braucht neue Formate

Die Vermittlung von deutscher und europäischer Nachkriegsgeschichte muss nach Auffassung der Stiftung Aufarbeitung neue Formen entwickeln. Inzwischen verfügten viele Deutsche über keine eigenen Erfahrungen mehr aus der Zeit der deutsch-deutschen Teilung und des Kalten Krieges, sagte Stiftungsdirektorin Anna Kaminsky dem Evangelischen Pressedienst (epd) anlässlich der am Samstag endenden Geschichtsmesse in Suhl. „Was zehn Jahre vor der Geburt eines Menschen liegt, ist in der Wahrnehmung fast so weit weg wie der Kampf um Troja“, sagte Kaminsky.

Daher habe die Messe die sich wandelnde Auseinandersetzung mit der Vergangenheit zum diesjährigen Thema gemacht. So müsse etwa die gesellschaftliche Aufarbeitung der deutschen Diktaturgeschichte in der Vermittlung zeitgemäße Antworten finden. „Dabei müssen wir berücksichtigen, dass ein nennenswerter Teil der jungen Generation inzwischen nichtdeutsche Wurzeln hat“, sagte Kaminsky. Der Terrorangriff der Hamas im vergangenen Oktober auf die israelische Zivilbevölkerung habe gezeigt, dass die Aufarbeitung etwa von Antisemitismus spezielle Angebote verlange.

Bildungseinrichtungen, Vereine und Gedenkstätten müssten auch hierfür finanziell und personell besser ausgestattet werden. Ohne ausreichende Infrastruktur lasse sich diese wichtige gesellschaftliche Arbeit immer schwerer leisten.

Grundsätzlich sollten sich die Angebote neuer Möglichkeiten bedienen, etwa sozialer Medien, Podcasts, Treffen mit Zeitzeugen oder auch Comics. „Gerade bei jungen Menschen kommen visuell geprägte Formate gut an“, sagte Kaminsky. Gefragt seien außerdem Mitmachangebote. „Das Interesse daran, sich mit der Geschichte zu beschäftigen, ist da“, betonte die Direktorin. Die dreitägige Messe sei innerhalb weniger Tage ausverkauft gewesen. Fast 70 Initiativen präsentierten sich und ihre Arbeit. Zudem gab es Diskussionsrunden etwa zum speziell ostdeutschen Lebensgefühl.

Kaminsky verneinte dabei eine generelle DDR-Nostalgie der jungen Generation. Es sei normal, sich als ostdeutsch zu bezeichnen. Sie sehe in dem Gefühl auch keine Haltung, wonach in der DDR alles besser gewesen sei. „Trotzdem ist es immer spannend, herauszuarbeiten, was das Ostdeutsche bei Jüngeren ausmacht“, sagte sie. Nicht selten fühlten sich gerade junge Menschen zugleich ostdeutsch und europäisch.

Die seit 2008 jährlich in Suhl stattfindende Fachtagung wendet sich unter anderem an Bildungseinrichtungen, Gedenkstätten, Geschichtsvereine und wissenschaftliche Einrichtungen. In diesem Jahr stand sie unter dem Titel „Ein weites Feld. Neue Perspektiven auf die Aufarbeitung von Diktaturen in Deutschland und Europa“.