Jahreswechsel, Geburtstag, Hochzeit – Wunderkerzen bringen glitzernde Momente. Wirtschaftlich spielt die Chemie-Magie hierzulande keine große Rolle mehr. Über ein flüchtiges Vergnügen.
Im Vergleich zu bunten, hohen, lauten Raketen und Böllern mögen sie unbedeutend wirken. Vielleicht faszinieren sie aber genau deshalb seit mehr als einem Jahrhundert: Zwar stehen auch sie mal im Mittelpunkt, aber mit einer gewissen Bescheidenheit, ohne aufdringliches Knall und Bumm. Vielmehr knistert, zischt und knackt es leise, wenn Wunderkerzen ihre Funken versprühen.
Auf einer Geburtstagstorte, rund um ein tanzendes Brautpaar oder im Weihnachtsbaum: Auch jenseits des Jahreswechsels erstrahlen Wunderkerzen. Aber: Immer nur für eine kurze Zeitspanne. Liegt genau in dieser Vergänglichkeit die Faszination? Warum nicht eine Wunderkerze als Aufforderung sehen, jeden flüchtigen Moment zu genießen und das Schöne im Kleinen zu sehen?
Wunderkerzen wirken auf den ersten Blick unscheinbar – ein einfacher Draht, beschichtet mit einer grauen Masse. Was passiert, wenn diese angezündet wird, ist weniger Magie als vielmehr Chemie. Winzige Eisenkörnchen werden mit Aluminiumpulver, dem Oxidationsmittel Bariumnitrat und einem Bindemittel, wie zum Beispiel Mehl, zusammengemischt. Diese Brennmasse kommt um einen Metallstab und trocknet. Die typischen Funken entstehen durch das Verbrennen des Eisenpulvers. Die dafür nötige, sehr hohe Energie liefert vor allem das verbrennende Aluminiumpulver. Wegen dieser großen Hitze können sie übrigens auch nicht ausgepustet werden.
Auch wenn es einigen Quellen zufolge Wunderkerzen schon in der Antike gab: Das erste Patent meldete der deutsche Franz Jacob Welter 1907 in Hamburg an. Er nannte das seine Draht-Funken-Erfindung Wunderkerze und gründete die Firma “Vereinigte Wunderkerzenfabrik”.
Damit setzte er den deutschen Namen, auch wenn es hierzulande viele regionale Bezeichnungen gibt. In anderen Ländern fanden Menschen ebenfalls passende Begriffe: In Österreich “Spritzkerze”, in Frankreich “cierge magique”, also so viel wie magische (Opfer)kerze. Niederländerinnen und Niederländer sagen “sterretje” (Sternchen) oder “sterrenflikker”, was so viel wie Sternflackern oder Sterneschmeißen bedeutet. Im Englischen heißen Wunderkerzen “sparkler” – vom Verb für glänzen oder funkeln.
Anders als vor einhundert Jahren werden heute keine Wunderkerzen mehr in Deutschland gefertigt. Der Verband für pyrotechnische Industrie teilte auf Anfrage mit, ihm seien keine Herstellungen in Deutschland bekannt. Insgesamt gebe es nur noch wenige Produktionsstätten von Feuerwerkskörpern in Deutschland, der Importanteil liege bei 80 bis 85 Prozent.
Die Firma Weco, einer der Feuerwerks-Marktführer, gründete sich vor mehr als siebzig Jahren als Wunderkerzen-Hersteller. Heute machen Wunderkerzen nur noch etwa 2,5 Prozent des Umsatzes im Vergleich zu anderen Feuerwerkskörpern aus. Sie werden aus anderen EU-Ländern und aus China importiert. Normale Wunderkerzen dürfen das ganze Jahr über verkauft werden. Riesenwunderkerzen mit einer Länge von einem Meter sind sogenannte Kleinfeuerwerke und dürfen genauso wie Böller und Raketen kurz vor Silvester verkauft und auch nur zum Jahreswechsel abgebrannt werden.
Wunderkerzen brennen langsam und gleichmäßig ab. Sie sind dadurch gerade für Kinder und ängstliche Menschen eine berechenbare Alternative. Trotzdem sollten sie nicht zu nah an den Körper gehalten werden und ein Bewusstsein für die Hitze bestehen. Der Sternenflug kann unschönen Ruß auf Kleidung oder Tischdecke hinterlassen. Die verglühten Stäbe gehören abgekühlt in den Restmüll. Die Feuerwerksfirma Nico warnt außerdem davor, Wunderkerzen auf Kuchen, Desserts und Co. abzubrennen. So könnten giftige Stoffe auf die Lebensmittel rieseln.
So ist das ZDF-Traumschiff wohl nicht das beste Vorbild, wenn es am Ende jeder Folge nicht nur in den Alles-ist-gut-Hafen des deutschen Fernsehpublikums einläuft, sondern dies auch mit einer Parade von mit sprühenden Wunderkerzen gekrönten Torten verbildlicht.
In Liedern erscheinen Wunderkerzen immer wieder als etwas Positives sowie Flüchtiges und Unscheinbares. Bei Sänger Oli P. werfen Herzen Funken so wie “Wunderkerzen”, Mallorca-König Jürgen Drews nutzt sie in “Wenn die Wunderkerzen brennen” als Motiv für Vergänglichkeit. Für Kinder singt Detlev Jöcker “Wunderkerze, grau und unscheinbar, doch wenn Feuer dich entflammt, bist du wunderbar”.