Trotz massiver Tatvorwürfe im Hinblick auf sexualisierte Gewalt bleiben die sterblichen Überreste des früheren katholischen Bischofs von Hildesheim, Heinrich Maria Janssen (1907-1988), in der Bischofsgruft unter dem Hildesheimer Dom. Die Gruft werde verschlossen und künftig nicht mehr öffentlich zugänglich sein, teilte das Bistum Hildesheim am Donnerstag mit. Sie werde in Zukunft auch nicht mehr als Begräbnisstätte für Hildesheimer Bischöfe dienen.
Neben Janssen sind in der Gruft die Bischöfe Joseph Godehard Machens und Josef Homeyer bestattet. Der Betroffenenrat Nord, in dem sich Betroffene sexualisierter Gewalt zusammengeschlossen haben, kritisierte die Entscheidung scharf und bezeichnete sie als „beschämend“.
Nachdem vor drei Jahren die Tatvorwürfe gegen Janssen posthum bekannt geworden waren, hatten Betroffene und weitere Stimmen aus dem Umfeld des Bistums vehement eine Umbettung des früheren Bischofs aus der Gruft gefordert. Andere sprachen sich strikt dagegen aus. Eine unabhängige wissenschaftliche Untersuchung hatte 2021 eklatante Missstände im Umgang mit sexualisierter Gewalt und Machtmissbrauch im Bistum während der Amtszeit von Bischof Janssen zwischen 1957 und 1982 dokumentiert. Darüber hinaus hatten fünf Personen angegeben, Bischof Janssen habe sexualisierte Gewalt an ihnen verübt.
Mit der Schließung der Gruft beschlossen der amtierende Bischof Heiner Wilmer und die acht Mitglieder des Domkapitels nun einen Kompromiss. „Wir belassen die drei in der Bischofsgruft bestatteten Bischöfe an ihrem Ort, um ihre Totenruhe nicht zu stören“, sagte Wilmer. „Das gebietet unsere grundsätzliche Achtung vor den Verstorbenen, unabhängig davon, wie viel Schuld sie zu Lebzeiten auf sich geladen haben.“ Ein Schild vor der Gruft soll künftig darüber informieren, dass es gegen Janssen Vorwürfe des sexuellen Missbrauchs gibt. Der Text soll in Abstimmung mit dem Betroffenenrat Nord veröffentlicht werden.
Der Betroffenenrat erklärte, mit der Entscheidung sei eine wichtige Chance zur tätigen Reue vertan worden. „Befriedung geht anders“, heißt es in einer Mitteilung. Künftig werde ein „Täterbischof“, dessen bisher bekannte Opfer noch lebten, weiterhin unter den Gläubigen ruhen, die sich im Dom versammelten. Der Rat betonte, dass die Berichte der Betroffenen vom Bistum als plausibel und glaubhaft eingestuft worden seien. Die Alternative zur Schließung der Gruft wäre eine Umbettung aller Bischöfe aus der Gruft gewesen.
Bischof Wilmer betonte: „Wir müssen klar benennen, dass Bischof Janssen während seiner Amtszeit Verbrechen der sexualisierten Gewalt durch Geistliche nicht unterbunden, sondern vertuscht hat.“ Diese Erkenntnis sei „schrecklich“, gehöre aber zur Biografie von Bischof Janssen dazu. Das Bistum stehe in der Verantwortung, stets daran zu erinnern und alles dafür zu tun, solche Verbrechen in Zukunft zu verhindern.