Auf vielen Bananenplantagen in Ecuador gibt es Experten zufolge massive Verletzungen des internationalen Arbeitsrechts. Deutsche Handelskonzerne beziehen die Früchte von diesen Farmen. Die Entwicklungsorganisation Oxfam und die ecuadorianische Branchengewerkschaft Astac haben nun Beschwerde gegen die deutschen Konzerne Rewe und Edeka beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (Bafa) im Rahmen des deutschen Lieferkettengesetzes eingereicht.
Die Beschwerde bezieht sich auf Menschenrechtsverletzungen auf zwei Plantagen, eine Farm des Rewe-Zulieferbetriebs Otisgraf sowie die Plantage Megabanana des Dole-Konzerns, die Edeka beliefert. Dabei geht es um Verstöße gegen die Gewerkschaftsfreiheit, Nicht-Einhaltung des ecuadorianischen Mindestlohns, fehlenden Arbeitsschutz und Diskriminierung von Frauen, älteren Beschäftigten und Gewerkschaftsmitgliedern. Das Hilfswerk Misereor und das Europäische Zentrum für Verfassungs- und Menschenrechte (ECCHR) unterstützen das Vorhaben.
Auch auf Plantagen in Costa Rica, von denen Lidl und Aldi Bananen beziehen, habe es Verstöße gegen das Arbeitsrecht gegeben, sagte Steffen Vogel, Oxfam-Referent für Lieferketten und Menschenrechte im Agrarsektor. Doch die beiden Supermarktketten seien im Gegensatz zu Rewe und Edeka bereit, gemeinsam mit der Gewerkschaft und den Betroffenen einvernehmliche Lösungen zu erarbeiten.
Das deutsche Lieferkettengesetz ist seit dem 1. Januar in Kraft und gilt derzeit für Firmen mit mehr als 3.000 Beschäftigten. Beschwerde beim Bafa einreichen können deutsche Organisationen oder Gewerkschaften. Je nach Schwere des Verstoßes, kann ein Bußgeld von bis zu acht Millionen Euro oder zwei Prozent des Jahresumsatzes verhängt werden, oder das Unternehmen von öffentlichen Ausschreibungen ausgeschlossen werden.
Das Bundeswirtschaftsamt muss nun prüfen, ob die deutschen Unternehmen ihrer Sorgfaltspflicht ausreichend nachgekommen sind. Oxfam erwarte, dass das Bafa die Supermärkte dazu anhalte, die konkreten Menschenrechtsverletzungen auf den Zulieferfarmen zu beenden, sagte Vogel. Doch vor allem erhoffe man sich von diesen Präzedenzfällen strukturelle Änderungen bei den Einkaufspraktiken der Handelskonzerne. „Aktuell profitieren die Supermärkte enorm davon, dass in Ecuador zu so niedrigen Preisen produziert wird. Das hat nachweislich Auswirkungen auf die Menschenrechtssituation vor Ort.“
Der Verband der ecuadorianischen Bananenexporteure AEBE sieht dagegen keine Probleme bei den Farmen, die ihre Produkte in die EU ausführen. 99,3 Prozent der Arbeiter auf Plantagen, die nach Deutschland exportierten, erhielten den Mindestlohn, sagte Verbandsdirektor Jose Antonio Hidalgo mit Verweis auf eine Umfrage der Einzelhändler. Vielmehr diskutiere man derzeit, ob die Supermärkte diese Anstrengung würdigten, indem sie das Einkaufsvolumen aus Ecuador erhöhten. Anders lautende Berichte beträfen Einzelfälle oder kämen von NGOs, „deren Geschäft der Skandal ist.“
Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter berichten hingegen von massiver Unterbezahlung, fehlendem Schutz vor Pflanzenschutzmitteln, Druck auf ältere und kranke Beschäftigte oder solche, die sich im Arbeitskampf engagieren. Auch Beschäftigte auf den Plantagen des Rewe-Zulieferers Otisgraf erheben solche Vorwürfe, obwohl das Unternehmen seit vielen Jahren mit dem Umweltsiegel Rainforest Alliance zertifiziert ist. Erst durch den öffentlichen Druck habe das Siegel mit dem grünen Frosch reagiert und die Zertifizierung für sechs Monate ausgesetzt, sagte Vogel. Die Gewerkschaft Astac kritisiert das Siegel schon seit Jahren und fordert, dass die Supermärkte sich nicht auf die Zertifizierung verlassen.
Trotz der fehlenden Möglichkeit von Schadensersatzklagen sieht Vogel das Lieferkettengesetz als einen wichtigen Schritt: Das Bafa könne ermitteln, Informationen von den Unternehmen einfordern, und habe auch die nötigen Ressourcen, um sich mit den Beschwerden auseinanderzusetzen. „Menschenrechte sind nicht mehr freiwillig, sondern haben nun einen rechtlichen Rahmen“, unterstrich die Oxfam-Referentin.